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Pädagogisch-didaktische Überlegungen - Erwachsenenbildung.at

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<strong>Pädagogisch</strong>-<strong>didaktische</strong> <strong>Überlegungen</strong><br />

4.2. Inklusionspädagogik<br />

Von der „Inklusion“ versprechen sich die Einen eine fundamentale Umgestaltung des Bildungswesens in<br />

Richtung mehr Chancengerechtigkeit, manchmal sogar der Gesellschaft als Ganzes, während die anderen<br />

gerade in dieser hohen Erwartungshaltung ein Kernproblem erkennen. Vereinfacht gesprochen: Wer<br />

glaubt im Rahmen des bestehenden Gesellschaftssystems ein diskriminierungsfreies Bildungssystem erreichen<br />

zu können und über dieses herrschaftsfreie Bildungssystem eine herrschaftsfreie Gesellschaft, ist<br />

entweder naiv und/oder will bestehende Herrschaftsverhältnisse nicht zur Kenntnis nehmen. Zwei Zit<strong>at</strong>e<br />

sollen die beiden Enden des Meinungsspektrums illustrieren:<br />

„Inklusive Pädagogik bezeichnet Theorien zur Bildung, Erziehung und Entwicklung, die<br />

Etikettierungen und Klassifizierungen ablehnen, ihren Ausgang von den Rechten vulnerabler<br />

und marginalisierter Menschen nehmen, für deren Partizip<strong>at</strong>ion in allen Lebensbereichen<br />

plädieren und auf eine strukturelle Veränderung der regulären Institutionen zielen, um der<br />

Voraussetzungen und Bedürfnisse aller Nutzer/innen gerecht zu werden.“122<br />

„Inklusionspädagogik wird wie alle ihre Vorgängervisionen pervertieren, wenn sie sich mit der<br />

Hoffnung verbindet, gesellschaftliche Widersprüche zu harmonisieren.“123<br />

In dieser Spannweite bewegt sich der Diskurs um das mittlerweile zum „Must-Have“ jeder bildungspolitischen<br />

Überlegung mutierte Schlagwort der „Inklusion“. Mit dem zweiten Zit<strong>at</strong> soll auch ein mögliches<br />

Missverständnis ausgeräumt werden: Niemand, der sich als „unter dem Verfassungsbogen“ stehend begreift,<br />

spricht sich „gegen Inklusion“ und „für Exklusion“ aus. Der kritische Blick gilt allein der Realisierbarkeit<br />

und theoretischen Fundierung der verschiedenen Varianten eines Inklusionsprogramms.<br />

Der Begriff „Inklusion“ wurde in den USA bereits in den 70er Jahren im pädagogischen Zusammenhang<br />

verwendet und im deutschen Sprachraum damals in der Bedeutung „Integr<strong>at</strong>ion“ und mit der alleinigen<br />

Fokussierung auf „Menschen mit Beeinträchtigungen“ übersetzt. Erst Ende der 90er Jahre fand im deutschen<br />

Sprachraum der Wechsel zum weitergefassten Begriffsinhalt st<strong>at</strong>t124, der nun – in wechselnden „K<strong>at</strong>egorienlisten<br />

von Verschiedenheit“ – dem Begriff der Inklusion zugrunde liegt. Als Meilenstein für diese<br />

Entwicklung gelten die Verabschiedung der „UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“<br />

(2006) sowie des UNESCO-Programms „Bildung für alle“ (2008), das die Schaffung „inklusiver<br />

Bildungssysteme“ in allen Ländern der Welt zum Ziel h<strong>at</strong>. In einer erstaunlichen Geschwindigkeit125 wurde<br />

„Inklusion“ in den letzten fünf Jahren zu einem Modebegriff, unter dem mittlerweile alles subsummiert<br />

wird, „was sich positiv und fortschrittlich darstellen möchte“.126<br />

Die UNESCO beschreibt das Programm der Inklusion folgendermaßen:<br />

„Das Ziel von inklusiver Bildung ist, Exklusion zu beseitigen. Diese entsteht durch neg<strong>at</strong>ive Einstellungen<br />

und mangelnde Berücksichtigung von Vielfalt in ökonomischen Voraussetzungen, sozialer<br />

Zugehörigkeit, Ethnizität, Sprache, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung und<br />

122 Biewer 2010, S. 193; zit. nach: ExpertInnengruppe „Inklusive Pädagogik“ 2012, S 7<br />

123 Haeberlin 2008, S 31; zit. nach Herz (o. J.)<br />

124 Vgl. Hinz 2013<br />

125 Vgl. Hinz 2013, Herz (o. J.)<br />

126 Vgl. Hinz 2013<br />

Handreichung zum Pflichtschulabschluss<br />

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