Pädagogisch-didaktische Überlegungen - Erwachsenenbildung.at

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Pädagogisch-didaktische Überlegungen Dies erinnert daran, dass pädagogische Arbeit sich immer des eigenen Standorts vergewissern und sich dabei sowohl Widersprüche wie Konvergenzen in unterschiedlichen Zugangsweisen bewusst machen muss. Didaktische Empfehlungen wie jene zu „selbstgesteuerten Lernprozessen“ werden nicht in einem leeren Raum umgesetzt, sie werden in ein komplexes Unterrichtssetting eingebunden und sind von den jeweiligen Lernzielen beeinflusst. In diesem Sinn ist meistens Vorsicht gegenüber dem umfassenden Anspruch von Theoriegebäuden ratsam, wesentlich ist Kontextualisierung und damit auch das Bewusstsein über die Kontextabhängigkeit von Methoden: Selbstgesteuertes Lernen kann beides sein, eine Reverenz an die neoliberale Vereinzelung ebenso wie ein Zugang, der unter Rücknahme der Steuerung durch Lehrende erlaubt, Stoffe und Themen „eigenmächtig“ (auch in kooperativen Lernformen) zu erschließen und sie damit unmittelbarer an die Lebenspraxis der Lernenden anzuschließen. Weiterführende Literatur zum Konstruktivismus Arnold, Rolf (2012): Ich lerne, also bin ich. Eine systemisch-konstruktivistische Didaktik. 2. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer-Verl. Jank/Meyer (2011): Konstruktivistische Didaktik. In: Jank/ Meyer (2011), S. 286-302 Siebert, Horst (2008): Konstruktivistisch lehren und lernen. 1. Aufl. Augsburg: ZIEL. Reich, Kersten (2010): Systemisch-konstruktivistische Pädagogik. Einführung in die Grundlagen einer interaktionistisch-konstruktivistischen Pädagogik. 6. Aufl. Weinheim [u.a.]: Beltz. Online Materialien Arnold, Rolf (2011): Konstruktivismus, In: Tippelt, Rudolf; Hippel, Aiga von (Hg.) (2011): Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung. 5. Aufl. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwiss. Verfügbar unter: www. wb-erwachsenenbildung.de/online-woerterbuch (Stand 01.07.2013) Siebert, Horst (2005): Didaktik – mehr als die Kunst des Lehrens? Verfügbar unter www.die-bonn.de/doks/ siebert0504.pdf (Stand 01.07.2013) Unterrichtsmethoden im konstruktiven und systemischen Methodenpool unter www.methodenpool. uni-koeln.de/ (Stand 01.07.2013) Webseite zum Interaktionistischen Konstruktivismus unter konstruktivismus.uni-koeln.de/start.html (Stand 01.07.2013) Handreichung zum Pflichtschulabschluss 60
Pädagogisch-didaktische Überlegungen 5.2.4. Subjektwissenschaftliche Lerntheorie und –Didaktik Die subjektwissenschaftliche Lerntheorie steht in der Tradition des deutschen Psychologen und Begründers der Kritischen Psychologie, Klaus Holzkamp, der sich wiederum in einer (neo-) marxi stischen Tradition sieht. Ähnlich gemäßigt konstruktivistischen Ansätzen beruht die subjekt wissen schaftliche Lerntheorie auf der Annahme, dass Lehren nicht zwangsläufig Lernen nach sich zieht, sondern Lehrende die Lernprozesse anderer nur initiieren oder ermöglichen bzw. unterstützen können. Lernen wird damit grundsätzlich nur durch das einzelne Indivi duum selbst vollzogen, es ist also immer „selbstgesteuert“, wobei die Lernen den ihre biographischen Erfahrungen sowie ihren lebensweltlichen Kontext ein bringen. Konstruktivistische und subjektwissenschaftliche Lerntheorien lassen sich unter dem Begriff „subjektorientierte Lerntheorien“ subsummieren. Im Unterschied zu kognitivistischen gehen subjektwissenschaftliche Positionen im Anschluss an Holzkamp allerdings von einem Menschenbild aus, das das Ziel individuellen Handelns in einer erweiterten gesellschaftlichen Teilhabe sieht, womit die gesellschaftliche Vermitteltheit des Subjekts ins Zentrum der Aufmerksamkeit gelangt. Lernen wird als ein Selbstverständigungsprozess verstanden, in dessen Verlauf der/die Lernende seine/ihre ihm/ihr verfügbaren Bedeutungen differenziert oder erweitert, um in seinem/ ihrem subjektiv gegebenen Lebensinteresse seine/ihre gesellschaftliche Teilhabe erweitern zu können. Der von Holzkamp entwickelte Schlüsselbegriff in der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie ist derjenige des „Expansiven Lernens“. Er betont, dass das Subjekt genau das lernen will, was ihm hilft seine gegenwärtigen Handlungsbeschränkungen zu überwinden und seine intendierten Aktivitäten fortzusetzen. Seinen Ausgangspunkt nimmt das subjektive Lernbedürfnis und Lernhandeln also von Problemstellungen, die sich der Lebenswelt des Subjekts ergeben, die es irritieren, behindern, aber auch Optionen der Selbstverwirklichung bieten. Ein bekannter Vertreter des subjektwissen schaft lichen Zugangs, Erhard Meueler, hat dafür das einprägsame Bild des „Käfigs“ geprägt, aus dem der/die Einzelne ausbrechen will, was meist nur mit Unterstützung durch andere Personen, etwa der Lehrperson, gelingt. „Die Öffnung des Käfigs, die immer nur mit Unterstützung von außen zustande kommt, kann als Bild für das Bemühen stehen, sich aus der Situation des immer schon der äußeren Natur, der inneren Triebdynamik und der sozialen Welt Unterlegenen zu befreien. Jeder von uns kann über seine Lebensumstände, wenn überhaupt, nur in ganz kleinem Umfang verfügen, aber wir sind frei, diese Begrenzungen zu erkennen, um – stets Objekt und Subjekt zugleich – die Subjektanteile zu vermehren und zu erweitern. Wir können dazu ein Vermögen nutzen, das nur unserer Gattung eigen ist: Wir können uns zu uns selbst verhalten. Wir können uns mit uns selbst und all unseren Lebensumständen auseinandersetzen und über notwendige Veränderungen nachsinnen. Damit dieses kritische Nachdenken zustande kommt, ist Bildung als unablässige Neugierde auf Nichtgewusstes, Nichtgekonntes, als Wissen und als kritisches Verhältnis zum Gelernten und dem zu Lernenden vonnöten.“163 „Expansives Lernen“ stellt Holzkamp dem „defensiven Lernen“ gegenüber, das aus einer Zwangs lage erfolgt, klassischerweise weil man genötigt wird zu lernen um Sanktionen abzuwehren (schlechte Noten, Kritik…). Subjektorientierung im didaktischen Handeln bedeutet von der Subjektivität der Lernenden – ihren Erfahrungen, Bedürfnissen, Lernvoraussetzungen – auszugehen und Lernen so zu gestalten, dass die 163 Meueler 2009, S. 2 Handreichung zum Pflichtschulabschluss 61
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