Pädagogisch-didaktische Überlegungen - Erwachsenenbildung.at
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<strong>Pädagogisch</strong>-<strong>didaktische</strong> <strong>Überlegungen</strong><br />
Fähigkeiten. […] Folglich ist inklusive Bildung kein randständiges Thema, sondern zentral, um<br />
qualit<strong>at</strong>iv hochwertige Bildung für alle Lernenden zu erreichen und um eine inklusivere Gesellschaft<br />
zu entwickeln. Inklusive Bildung ist wesentlich, um soziale Gerechtigkeit zu erreichen und<br />
sie ist ein konstituierendes Element lebenslangen Lernens.“ (Deutsche UNESCO-Kommission e.V.<br />
(DUK) (2010): Inklusion: Leitlinien für die Bildungspolitik.)<br />
Zur Umsetzung dieses Ziels werden seitens der UNESCO eine Reihe von Schritten vorgeschlagen – von der<br />
allgemeinen bildungspolitischen Ebene über diejenige der Aus- und Weiterbildung von Pädagog_innen<br />
über die Curricula bis zur Gestaltung der Lernumgebung und der Unterrichtsmethoden; von der Förderung<br />
des Inklusionsgedankens auf allen Ebenen (von n<strong>at</strong>ionaler Gesetzgebung bis zur „Zivilgesellschaft“<br />
und den Eltern) über notwendige Änderungen in der Einstellungspolitik (Stichwort: positive Diskriminierung),<br />
von „offenem, individualisierten Unterricht“ bis zur Förderung frühkindlicher Bildung finden sich<br />
eine Reihe von Maßnahmen, die mittel- und langfristig zu dieser grundlegenden Umgestaltung der Bildungssysteme<br />
führen sollen.<br />
Dass solche und ähnliche Vorstellungen schon oft formuliert wurden, bestreitet niemand, weder die Verfechter_innen<br />
noch die Kritiker_innen des Inklusionsprogramms. Erstere sehen das grundlegend Neue<br />
daher auch nicht so sehr in den einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen, sondern in der T<strong>at</strong>sache, dass<br />
der Gedanke der Inklusion mit den genannten Konventionen erstmals auf eine menschenrechtliche Basis<br />
gestellt wurde und damit – so die Hoffnung – auch rechtlich verbindlicher wirkt als reine Proklam<strong>at</strong>ionen.<br />
So gibt es nun erstmals die Möglichkeit der Individualbeschwerde an den UN-Ausschuss für die Rechte der<br />
Menschen mit Behinderungen in Genf, und die Sta<strong>at</strong>en sind zur jährlichen Berichtlegung über die Fortschritte<br />
in der Gleichstellungspolitik an die UNO verpflichtet:<br />
„Das Ethos eines sozialen Humanismus wird nun ersetzt durch die rechtlich kodifizierte Gleichwertigkeit<br />
aller Menschen“.127<br />
Der Begriff der „Inklusion“ soll sich auch insofern von demjenigen der „Integr<strong>at</strong>ion“ positiv abheben, als<br />
letzterem eine Defizitorientierung anhafte, während „Inklusion“ von einem wertschätzenden Zugang für<br />
alle Lernenden ausgehe:<br />
„Inklusion meint eigentlich, dass jedes Kind besondere Bedürfnisse und besondere Fähigkeiten<br />
h<strong>at</strong> und es die Aufgabe der Schule ist, diese besonderen Bedürfnisse und Fähigkeiten angemessen<br />
zu berücksichtigen, damit sich jedes Kind möglichst optimal zu einer autonomen, selbstsicheren<br />
und mündigen Person entwickeln kann, die ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zu ihrem<br />
Wohle und dem Wohle der Gemeinschaft entsprechend einbringen kann. Dementsprechend h<strong>at</strong><br />
eine inklusive Schule die gesamte Vielfalt und alle möglichen Differenzlinien nach Fähigkeit, Geschlecht,<br />
Herkunft/Sprache, Religion, Alter und Sexualität zu bedenken.“128<br />
Inklusion in Österreich<br />
Wie im Abschnitt „Ungleichheiten im und durch das Schulsystem“ der vorliegenden Handreichung deutlich<br />
wurde, wirkt das österreichische Bildungssystem sozial hochgradig selektiv. Die Bildungskluft entlang<br />
der Segmentierungslinien „race, class, gender“ h<strong>at</strong> sich in den letzten Jahren sogar vertieft, d.h. Personen<br />
aus sozioökonomisch- und bildungsbenachteiligten Schichten, insbesondere sofern sie Migr<strong>at</strong>ionshintergrund<br />
haben und/oder weiblichen Geschlechts sind, werden zu den Verlierer_innen in der „Wissensgesellschaft“.<br />
Ein ähnlich pessimistischer Befund lässt sich auch für Lernende mit Beeinträchtigungen stellen:<br />
127 Wocken 2011, S. 74; zit. nach Feyerer 2012<br />
128 Feyerer 2012<br />
Handreichung zum Pflichtschulabschluss<br />
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