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Pädagogisch-didaktische Überlegungen - Erwachsenenbildung.at

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<strong>Pädagogisch</strong>-<strong>didaktische</strong> <strong>Überlegungen</strong><br />

Der Bezug auf die Aufklärung scheint uns hier trotz notwendiger Verkürzung zentral, nicht zuletzt das<br />

schon von Wilhelm von Humboldt geforderte „selbstständige Denken“ als Bildungsziel bleibt aktuell, weil<br />

es einen reflexiven Raum abseits völliger Verwertbarkeit und entpolitisiertem Verständnis von Humanismus<br />

offenhält. Angesichts eines neuen Pflichtschulabschlusses kann auch an Klafkis Plädoyer für eine neue<br />

Allgemeinbildung90 erinnert werden, das den Zusammenhang von Politik und Pädagogik erneuert und auf<br />

die Fähigkeit zur Selbstbestimmung, Mitbestimmungsfähigkeit und Solidaritätsfähigkeit setzt.<br />

In diesem Diskussionszusammenhang und Rahmen ist auch die Frage nach Bildungszielen zu sehen,<br />

die bei Auseinandersetzung mit einem Neuen Mittleren Abschluss in der <strong>Erwachsenenbildung</strong> im Raum<br />

steht. Allgemeinbildung als schulisches Meta-Ziel ist nach Olechowski (1997)„die Gewinnung von Grundkompetenzen<br />

in möglichst allen Bereichen des Lebens für die kritische Auseinandersetzung mit der gesamten<br />

physischen und geistigen Wirklichkeit des Lebens“.91<br />

In der Projektgruppe herrschte dahingehend weitgehend Einigkeit, dass das Ziel des neuen Pflichtschulabschlusses<br />

darin bestehen muss, strukturell (und im Bildungszugang) benachteilig ten92 Personen über den<br />

Bildungsprozess ein erweitertes Handlungsspektrum zu eröffnen, indem die Vermittlung von Grundkompetenzen<br />

mit einem Prozess der Selbstermächtigung verbunden wird.93<br />

Bei der Erarbeitung des Curriculums wurde letztlich dieses übergeordnete Bildungsziel in Lernziele ausdifferenziert<br />

und übersetzt und in der Formulierung von kompetenzorientierten Lernergebnissen oper<strong>at</strong>ionalisiert.<br />

Mit der Frage nach den für einen Prozess der Selbstermächtigung relevanten Kompetenzen lässt<br />

sich hier wieder der Kreis zum Kompetenzdiskurs schließen.<br />

Wenn man ein Kompetenzverständnis zugrunde liegt, das sich gegen instrumentelle Verengungen wendet,<br />

muss Reflexivität dabei eine zentrale Rolle spielen, sie erzeugt den „Überschuss“, der über bloße Erfüllung<br />

von Normen (auch in Form von Bildungsstandards) hinausgeht:<br />

„Je mehr sie über reflexiv ausgerichtete Kompetenzen verfügen, desto weniger wird dies zu einer<br />

Ansammlung von Qualifik<strong>at</strong>ionsbits im Sinne einer Totalverzweckung des Lebenslaufs. Denn<br />

die reflexiv angelegte Kompetenzentwicklung ist ein nicht-triviales Veränderungsmodell – das<br />

ist die Hoffnung gegen die völlige Instrumentalisierung und gegen die Ökonomisierung und<br />

Verbetrieb lichung. Lernen ist nicht steuerbar, indem es ausschließlich auf die Output-Erwartungen<br />

fest gelegt wird. Beim Lernen geschieht immer auch etwas, das sich der Planung entzieht.<br />

Und dies ist nicht zu kontrollieren und es ist auch nicht rückgängig zu machen. Es bedeutet im<br />

Kern: Reflexionsfähigkeit.“94<br />

Als Arbeitsbegriff wurde in Folge ein für die Arbeit in der Erwachsenen bildung praktikabler Kompetenzbegriff<br />

von Rützel verwendet, der sowohl die Bedingtheit des Kompetenzerwerbs, die Bedeutung reflexiver<br />

90 Klafki 2007, S.43 ff<br />

91 Olechowski 1997, S. 368<br />

92 Zu problem<strong>at</strong>ischen Aspekten des Begriffs siehe Abschnitt<br />

93 Aus dem Selbstverständnis der <strong>Erwachsenenbildung</strong> heraus sollte damit auch gegen eine mögliche „Verschlankung“ des Abschlusses<br />

auf Vermittlung von basalem Orientierungswissen für den Billiglohnsektor Position bezogen werden. Wider sprüche<br />

sind damit nicht ausgeschlossen – der Pflichtschulabschluss als gesellschaftlich erzwungene Pflichtübung, die ökonomische<br />

Positionen kaum verändert – diese müssen aber letztlich in Kauf genommen werden, wenn man nicht in völliger Passivität<br />

versinken will. Wir gehen davon aus, dass trotz aller Anlauf schwierigkeiten und der Verbesserungs würdigkeit des Gesetzes mit<br />

dem curricularen Rahmen optimalere Strukturen für die <strong>Erwachsenenbildung</strong> als bisher geschaffen wurden.<br />

94 Geißler/ Orthey 2002, S.77<br />

Handreichung zum Pflichtschulabschluss<br />

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