Pädagogisch-didaktische Überlegungen - Erwachsenenbildung.at

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

Pädagogisch-didaktische Überlegungen dessen, das diese Gruppen irgendwie „außer der Norm“ stehen und ein besonderer Umgang mit ihnen vonnöten ist. 3) Dem Differenzparadigma, besonders der Inklusionspädagogik, wohnt auch die Tendenz inne den gesellschaftlichen Funktionszusammenhang Schule zu de-thematisieren138. Argumentiert wird vom „Standpunkt des Kindes“ aus, beklagt wird die „Homogenisierungsfunktion“ der Schule und der falsche Umgang der Pädagog_innen mit der Heterogenität der Lernenden. Heterogenität wird damit „vorrangig als Problem in normativer und didaktischer Hinsicht thematisiert.“139 Als Beispiel sei an die oben zitierte Passage aus dem UNESCO-Programm erinnert, nach der Exklusion „durch negative Einstellungen und mangelnde(r) Berücksichtigung von Vielfalt“ entstehe. 138 Vgl. Rabenstein 2012, S. 81f; Trautmann/Wischer 2011, S. 11ff 139 Rabenstein 2012, S. 81 Handreichung zum Pflichtschulabschluss 50
Pädagogisch-didaktische Überlegungen 4.3. Migrationspädagogik Die Migrationspädagogik gehört in den Kanon der Differenz- und Anerkennungspädagogiken, gemeinsam mit Interkultureller- und Inklusionspädagogik, feministischen und rassismuskritischen Pädagogiken, legt aber ihren Schwerpunkt auf „das Verhältnis von Pädagogik und Migration im historischen und gegenwärtigen gesellschaftlichen Kontext. Ausgangspunkt für entsprechende Forschung und Analysen bilden (de-)konstruktivistische Ansätze, die Phänomene, wie ethnisierte Differenz und Heterogenität, Zugehörigkeit, Diskriminierung, Rassismus und die damit im Zusammenhang stehenden Benachteiligungs- und Privilegierungsverhältnisse reflektieren. Neben der Fokussierung von Ethnizität, deren Herstellung im Zusammenhang mit Migrationsphänomenen eine besondere Bedeutung zukommt, findet auch ihre Verschränkung mit anderen Differenzlinien Berücksichtigung.“140 Die migrationspädagogische Perspektive wurde vorrangig vom Erziehungswissenschaftler und Psychologen Paul Mecheril entwickelt und 2004 mit seinem Buch „Migrationspädagogik“ vorgestellt, das 2010 unter Mitarbeit namhafter Soziolog_innen/Pädagog_innen wie Maria do Mar Castro Varela oder Inci Dirim in einer überarbeiteten Fassung neu aufgelegt wurde141. Migrationspädagogik findet zunehmend Eingang in die akademische Ebene wie in die interkulturelle Szene, Lehrstühle und Lehrgänge für Migrationspädagogik werden eingerichtet, die Texte gelten mittlerweile als Grundlagenliteratur auch im Feld der „Interkulturellen Pädagogik“. Wichtige Erkenntnisse und Anliegen der Migrationspädagogik: • Kritik am defizitorientierten Blick auf „Migrant_innen“: Gegenüber dem gerade in der Bildungspolitik herrschenden Blick auf Migrant_innen als beispielsweise „bildungsfern“ und „unterqualifiziert“ präsentiert Mecheril et al. Migration als „bedeutender Motor gesell schaftlicher Veränderung und Modernisierung“ und Migrant/innen als „Akteure … , die neues Wissen, Erfahrungen, Sprachen und Perspektiven in unterschiedliche soziale Zusammenhänge einbringen und diese mitgestalten“ (S. 8 142 ). • Kritik am problemorientierten Blick auf Migration: Migration stellt in nationalstaatlich verfassten, sich als „demokratisch“ verstehende Gesellschaften lediglich insofern ein „Problem“ dar, als sie die „Grenzen der Zugehörigkeit“ sichtbar macht und in Frage stellt. Migration als „universelle Praxis, (als) allgemeine menschliche Handlungsform“ (S. 7) trifft auf die „hartnäckige Weigerung politischer Entscheidungsträger, diese Migrationsrealität anzuerkennen“ (S. 8). Damit verschiebt sich der Problemfokus von „den Migrant_innen“ auf – grob gesagt – die ökonomisch, politisch, sozial und kulturell geformten Migrationsregime. Es „kann davon gesprochen werden, dass Deutschland ‚ein Land mit Migrationshintergrund‘ ist, das Identitätsschwierigkeiten, Schwierigkeiten also mit sich selbst hat.“ (S. 12) Die eben zitierte „Weigerung die Migrationsrealität anzuerkennen“ war vor allem ein Charakteristikum des Migrationsregimes der 90er Jahre und wird langsam um einen migrationspolitischen Ansatz ergänzt, der Migrant_innen unter demographischen und humankapitalzentrierten Perspektiven als wertvolle Ressource erkennt. • Kritik an der Kulturalisierung: Die Migrationspädagogik wirft bestimmten Richtungen Interkultureller Pädagogik vor, sozio-kulturelle bzw. sozioökonomische Differenzen zu kulturalisieren und zu essentialisieren (siehe deren Bezeichnung). Demgegenüber fordert die Migrationspädagogik in dekonstruktivis- 140 Arbeitsgruppe Migrationspädagogik und Kulturarbeit (2013) 141 Mecheril, Paul; Castro Varela, Maria do Mar; Dirim, İnci; Kalpaka, Annita; Melter, Claus (Hg.) (2010): Migrationspädagogik. Weinheim [u.a.]: Beltz (Bachelor-Master). 142 Diese und die folgenden Seitenzahlen beziehen sich auf: Mecheril et al. (2010). Handreichung zum Pflichtschulabschluss 51
Seite 1 und 2: Handreichung zum Pflichtschulabschl
Seite 3 und 4: Pädagogisch-didaktische Überlegun
Seite 25 und 26: B. Pädagogisch-didaktischer Orient
Seite 49: Pädagogisch-didaktische Überlegun
Seite 101 und 102:
Pädagogisch-didaktische Überlegun
Seite 103 und 104:
Seite 105:
Alle anzeigen

Pädagogisch-didaktische Überlegungen - Erwachsenenbildung.at

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?