Pädagogisch-didaktische Überlegungen - Erwachsenenbildung.at
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<strong>Pädagogisch</strong>-<strong>didaktische</strong> <strong>Überlegungen</strong><br />
5.2.5. Bildungstheoretische und Kritisch-konstruktive Didaktik<br />
Wolfgang Klafkis „Bildungstheoretische Didaktik“, in den 60er Jahren entstanden und in den 80er Jahren<br />
zur „kritisch-konstruktiven Didaktik“ weiterentwickelt, stellt „das erste große und bis heute aktuelle <strong>didaktische</strong><br />
Modell der Nachkriegszeit“168 dar. Seine <strong>didaktische</strong>n <strong>Überlegungen</strong> gründen in einem humanistischen<br />
Bildungsbegriff, der als Ziel von Bildung „Mündigkeit“ und „Emanzip<strong>at</strong>ion“ formuliert: „Allgemeinbildung<br />
bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, in der Auseinandersetzung mit der Welt selbstbestimmt,<br />
kritisch, sachkompetent und solidarisch zu denken, zu handeln und sich weiterzuentwickeln.“169 Bildung<br />
erhält damit einen gesellschaftspolitischen und –kritischen Auftrag.<br />
Als „kritisch“ bezeichnet er seine Didaktik, weil sie diesen Bildungsbegriff ernst nimmt, die gesellschaftlich-politische<br />
Widerstände untersucht und aufzeigt, die dem Lehren und Lernen im Sinne der Entwicklung<br />
von Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit der Lernenden entgegenstehen<br />
und zugleich eine Didaktik entwirft, die das ermöglichen soll.<br />
„Konstruktiv“ ist seine Didaktik, weil sie nicht bei der Kritik stehenbleibt, sondern Vorschläge für eine demokr<strong>at</strong>ischere<br />
Gestaltung von Schule und Gesellschaft entwickelt. Damit stellt die kritisch-konstruktive<br />
Didaktik nach Jank/Meyer „ein hochpolitisches, erst in Anfängen praktisch umgesetztes Programm zur Demokr<strong>at</strong>isierung<br />
der Schule und des Unterrichts dar.“170 (Was Klafki für die Schule entwickelte, kann auch für<br />
die <strong>Erwachsenenbildung</strong> übernommen werden.171)<br />
Klafkis zentrale Frage lautete, welche Inhalte sich die Lernenden aneignen müssen, um gesell schaft lich<br />
handlungsfähig zu werden. Dabei geht er von sog. „epochaltypischen Schlüsselproblemen“ aus, also für<br />
die Gegenwart zentrale politische Themen und stellt sich damit bewusst gegen einen „Bildungskanon“, der<br />
Bildung im Sinne des „Erwerbs von Kulturgütern“ bestimmt.<br />
Die Liste seiner Schlüsselprobleme hält er offen und flexibel; beispielhaft seien genannt: Friedensfrage,<br />
Ökologie, soziale Ungleichheit. Die Definition der Schlüsselprobleme ist dabei nicht allein Aufgabe der<br />
Schule, sondern sollte gesellschaftlich breit diskutiert werden.<br />
Der Unterricht soll in diesem Sinn also „problemorientiert“ sein, muss im Ausgleich aber auch andere Lerninhalte<br />
anbieten, um eine breite Entwicklung von Interessen und Fähigkeiten zu ermöglichen. Der problemorientierte<br />
Unterricht zu diesen Schlüsselproblemen h<strong>at</strong> die Entwicklung folgender Kompetenzen zum<br />
Ziel: Der „Bereitschaft und Fähigkeit zu Kritik, zum Argumentieren, zur Emp<strong>at</strong>hie, zu vernetztem Denken<br />
u.a.m.“ 172 und vor allem dem Handeln.<br />
Er schlägt vor, die Auswahl der Lerninhalte entlang folgender Kriterien vorzunehmen:<br />
1. „Gegenwartsbedeutung: In welchem Zusammenhang steht das Thema mit den bisherigen Erfahrungen<br />
der Lernenden?<br />
2. Zukunftsbedeutung: H<strong>at</strong> das Thema Relevanz für die Zukunft der Menschen/der Gesellschaft?<br />
3. Sachstruktur: In welchem größeren Zusammenhang steht ein Thema (auch in Bezug auf die Gegenwarts-<br />
und Zukunftsbedeutung)? Welche Teilbereiche deckt ein Thema inhaltlich ab? Gibt es verschiedenen<br />
Bedeutungsebenen des Themas? Was könnte den Lernenden den Zugang zum Thema<br />
erschweren?<br />
168 Jank/Meyer 2011, S. 203<br />
169 Jank/Meyer 2011, S. 211<br />
170 Jank/Meyer 2011, S. 203<br />
171 Vgl. Zeuner 2011<br />
172 Jank/Meyer 2011, S. 232<br />
Handreichung zum Pflichtschulabschluss<br />
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