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plus Magazin Endlich schöne Haare (Vorschau)

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darauf, dass ich mit über 50 noch mal<br />

angefangen habe, mich als Kommunikationstrainerin<br />

ausbilden zu lassen.<br />

Genauso bewundere ich dich für dein<br />

Engagement bei Energieprojekten in<br />

China. Deshalb fände ich es auch<br />

schrecklich, wenn ich geistig nicht mehr<br />

klar wäre. Selbst die Vorstellung, im<br />

Rollstuhl zu sitzen, ist für mich nicht<br />

so schlimm. Sicher, das wäre eine ganz<br />

andere Form von Lebensqualität. Aber<br />

ich könnte immer noch das Beste aus<br />

der Situation machen.<br />

NORBERT GARBERS Ich könnte weder<br />

das eine noch das andere akzeptieren:<br />

natürlich, geistig nicht mehr fit zu sein,<br />

das wäre wirklich grauenhaft. Du weißt<br />

ja, wie gerne ich über technische Probleme<br />

nachdenke, zum Beispiel wie<br />

man aus Abfall Energie gewinnen kann.<br />

Aber auch, wenn ich mich nicht mehr<br />

bewegen, nichts mehr mit den Händen<br />

tun könnte, keine Schränke mehr zusammenbauen<br />

oder an Motoren herumbasteln<br />

könnte, würde ich unendlich<br />

darunter leiden.<br />

MONIKA BRÖCKER-GARBERS Am meisten<br />

belastet mich die Vorstellung, anderen<br />

völlig ausgeliefert zu sein, nur<br />

noch wie ein Objekt behandelt zu werden.<br />

Da bekomme ich Gänsehaut.<br />

NORBERT GARBERS Ich bräuchte unbedingt<br />

Berührungen, dass mich jemand<br />

mal streichelt oder meine Hand hält. Wir<br />

haben das ja bei meiner dementen<br />

Schwester erlebt. Das Einzige, was sie<br />

noch wahrnahm, war Streicheln.<br />

MONIKA BRÖCKER-GARBERS Ja, ohne<br />

Zuwendung und Zuneigung würde auch<br />

ich eingehen wie eine Primel.<br />

NORBERT GARBERS Das heißt aber<br />

nicht, dass du oder die Kinder ständig<br />

bei mir sein müsstet. Ich erwarte nicht,<br />

dass du mich 24 Stunden pflegst und<br />

selbst kein eigenes Leben mehr führen<br />

kannst. Wir kennen das doch aus<br />

unserem Bekanntenkreis. Da opfert sich<br />

die Frau bis zur totalen Erschöpfung<br />

„Man muss<br />

irgendwann<br />

die Verantwortung<br />

auch<br />

abgeben<br />

können.<br />

Das ist<br />

erlösend, im<br />

wahrsten<br />

Sinn des<br />

Wortes.“<br />

NORBERT GARBERS<br />

auf. Das will ich auf keinen Fall! Deshalb<br />

haben wir uns ja auch schon einen<br />

Heimplatz ausgesucht. Ich hoffe, dass<br />

ich in solch einer Situation stark genug<br />

bin, um zu sagen: „Wir hatten ein tolles<br />

Leben zusammen, aber jetzt bin ich<br />

so krank, bring mich in das Heim.“<br />

MONIKA BRÖCKER-GARBERS In der<br />

Theorie klingt das einleuchtend. Aber<br />

ich glaube, dass ich dich – wenn der<br />

Ernstfall eintritt – so lange wie nur<br />

irgend möglich selbst pflegen möchte.<br />

Schon allein der Gedanke, dich nicht<br />

mehr bei mir zu haben, tut schrecklich<br />

weh. Wir sind jetzt 41 Jahre verheiratet,<br />

ein Leben ohne dich kann ich mir<br />

einfach nicht vorstellen.<br />

NORBERT GARBERS Aber irgendwann<br />

kommt der Punkt, dann geht es einfach<br />

nicht mehr. Darüber müssen wir unbedingt<br />

bald mit den Kindern reden. Sie<br />

müssen wissen, dass wir uns schon in<br />

einem Heim angemeldet haben, in dem<br />

wir auch bleiben können, wenn wir intensive<br />

Pflege brauchen. Und sie sollen<br />

auch wissen, dass es reicht, wenn sie<br />

uns einmal in der Woche besuchen.<br />

Dabei können sie sich natürlich auch<br />

abwechseln. Die gemeinsame Zeit soll<br />

keine Pflicht sein. So stelle ich mir das<br />

zumindest heute vor, aber wer weiß,<br />

ob ich dann noch so denke.<br />

MONIKA BRÖCKER-GARBERS Mir wird<br />

gerade wieder bewusst, wie froh ich<br />

darüber bin, dass wir mit der Patientenverfügung<br />

zumindest die medizinischen<br />

Dinge geregelt haben. Das gibt mir<br />

Sicherheit. Im Ernstfall wissen die Kinder<br />

dann, dass wir in einer Situation,<br />

in der es nicht mehr um Heilung geht,<br />

sondern nur noch darum, unser Leben<br />

zu verlängern, keine künstliche Beatmung<br />

wollen, keine Ernährungssonde,<br />

keine Dialyse, keine Bluttransfusionen<br />

oder Wiederbelebungsversuche. Und es<br />

war auch richtig, dass wir die Patientenverfügung<br />

noch einmal ergänzt haben,<br />

dass das ebenso gilt, wenn einer von<br />

uns an Alzheimer erkrankt.<br />

NORBERT GARBERS Ach Monika, unser<br />

Gespräch macht mich richtig traurig.<br />

Was war das bisher für ein tolles Leben<br />

– und irgendwann soll das zu Ende sein?<br />

Wenn ich intensiv glauben könnte, wäre<br />

das vielleicht leichter zu ertragen.<br />

MONIKA BRÖCKER-GARBERS Ich bin<br />

nicht traurig, eher erleichtert. Selbst<br />

wenn wir später einmal sehr krank und<br />

pflegebedürftig werden, gibt es viele<br />

Möglichkeiten. Und für einige davon haben<br />

wir uns schon jetzt mit klarem Kopf<br />

entschieden. Wir sind unserem Schicksal<br />

also nicht hilflos ausgeliefert, sondern<br />

können es – wenigstens zum Teil<br />

– mitgestalten. Und gerade weil wir<br />

immer wieder mal darüber reden, bin<br />

ich voller Vertrauen, dass ihr – du und<br />

die Kinder – am Ende die richtigen Entscheidungen<br />

für mich treffen werdet.<br />

NORBERT GARBERS Vielleicht ist es<br />

sogar so, dass ihr dann in bestimmten Situationen<br />

besser für mich entscheiden<br />

könnt als ich heute. Man muss irgendwann<br />

Verantwortung auch abgeben können. Das<br />

ist erlösend, im wahrsten Sinne des<br />

Wortes. Aufgezeichnet von: Ingrid Pröll<br />

Wie stellen<br />

Sie sich Ihr<br />

Alter vor?<br />

Was macht<br />

Lebensqualität<br />

für<br />

Sie aus?<br />

Schreiben<br />

Sie uns.<br />

Adresse<br />

Seite 3.<br />

10 / 2011 99

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