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Dafür engagiere ich mich …<br />
… damit mein Hund Freude schenkt<br />
Leuchtende Augen und strahlende Gesichter – das erlebt<br />
Franz-Josef Pitton (52), wenn er mit seinem Labrador Yellow in ein Bochumer<br />
Seniorenheim kommt, um Älteren eine Freude zu machen.<br />
Schon von Weitem hört<br />
Martha das Tapp, Tapp<br />
der Pfoten im Flur. Dann<br />
rappelt sie sich in ihrem<br />
Bett auf, ruft fröhlich „Yellow“ und<br />
Sekunden später springt mein zehn<br />
Jahre alter Labrador zu ihr aufs<br />
Bett. Vorsichtig schnuppert er an<br />
ihrer Hand, inspiziert, ob Martha<br />
irgendwelche Köstlichkeiten in der<br />
Nachttisch-Schublade versteckt hat.<br />
Und legt sich schließlich neben sie<br />
– die perfekte Harmonie. Martha ist<br />
67 – und blind. Sie lebt im Seniorenheim<br />
„Am Glockengarten“ in Bochum.<br />
Seit einigen Monaten hat sie einen neuen<br />
Freund: meinen Hund Yellow.<br />
Martha kann nur noch mit einer Hand<br />
greifen, die andere ist gelähmt. Mit dieser<br />
streicht sie über sein Fell, krault ihn hinter<br />
den Ohren, kuschelt zärtlich mit ihm.<br />
Und jedes Mal, wenn sie Yellow neben sich<br />
spürt, strahlt ihr Gesicht. Manchmal stecke<br />
ich ihr einen Hundekeks zu und Yellow<br />
nimmt ihn vorsichtig aus ihren Fingern.<br />
Lauter kleine Rituale, die beide genießen.<br />
Seit März 2010 besuchen Yellow und<br />
ich das Seniorenheim. Ein Freund, der<br />
mit seinem Hund schon länger Besuche<br />
macht, hatte mir begeistert davon erzählt.<br />
Ob Yellow und ich nicht auch Lust dazu<br />
hätten? Ich war sofort Feuer und Flamme.<br />
Aber natürlich kann man nicht einfach<br />
mit seinem Hund ins nächste Altenheim<br />
hineinspazieren. Zuerst musste Yellow<br />
beim Verein „Hundebesuchsdienst – Leben<br />
mit Tieren Bochum“ unter Beweis stellen,<br />
dass er das Zeug zum Besuchshund hat.<br />
Eine Stunde lang prüfte ihn die Tierärztin.<br />
Ob er Stress aushält, es erträgt, wenn<br />
viele Menschen durcheinanderreden oder<br />
auch mal schreien. Ob er entspannt bleibt,<br />
wenn er von Gehhilfen eingekreist wird.<br />
Der Hund darf niemals schnappen, nicht<br />
knurren oder laut bellen und nie hochspringen.<br />
So wie Yellow, der in jeder Situation<br />
die Nerven behält und die Prüfung<br />
mit Bravour bestand. Selbst als ihm neulich<br />
im Heim jemand mit dem Rollstuhl<br />
über die Schwanzspitze fuhr, jaulte er nur<br />
kurz, dann war alles wieder gut.<br />
Wenn wir einmal pro Woche zur gleichen<br />
Zeit im Heim auftauchen, geht jedes<br />
Mal ein aufgeregtes Raunen durch die<br />
MIT GLÜCKSBRINGER HUND INS SENIORENHEIM<br />
Franz-Josef Pitton (52) arbeitet bei der Bundesagentur<br />
für Arbeit. Mit seinem Hund Yellow besucht er Senioren<br />
im Altersheim. Er ist ledig und wohnt in Bochum.<br />
kleine Menge im Gemeinschaftsraum.<br />
Und die Leute blühen förmlich<br />
auf. Manche erzählen von<br />
ihrem eigenen Hund, den sie früher<br />
einmal hatten. Und jeder möchte<br />
Yellow liebkosen, sein warmes Fell<br />
berühren. Einige sind dement und<br />
können kaum noch sprechen. Aber<br />
sie erkennen den Hund sofort wieder.<br />
Ich habe gelesen, dass Hunde<br />
helfen, Menschen mit Demenz wieder<br />
ein kleines Stück ins Leben zurückzuholen,<br />
weil sie positive Gefühle<br />
bei ihnen auslösen. Auf einmal<br />
lachen sie laut oder können sogar wieder<br />
ein paar Sätze sprechen. Das ist jedes Mal<br />
wie ein kleines Wunder.<br />
Manche Bewohner besuchen wir auch<br />
in ihren Zimmern – so wie Martha. Mit<br />
anderen, wie der 82-jährigen Brunhilde,<br />
schaffen wir es manchmal sogar bis in die<br />
Cafeteria. Dabei kann Brunhilde eigentlich<br />
kaum noch laufen, aber wenn Yellow<br />
mit von der Partie ist ... Dann sitzen wir<br />
gemütlich zusammen, plaudern und sie<br />
nippt gemütlich einen Prosecco. Yellow<br />
döst daneben vor sich hin. Das ist seine<br />
Auszeit, damit ihm die Geräuschkulisse<br />
und das Streicheln nicht zu viel werden.<br />
Und wenn wir gehen, werden wir von<br />
allen herzlich verabschiedet. Kommt bald<br />
wieder, rufen sie uns hinterher. Und ob!<br />
Denn diese Extraportion Streicheln und Leckerchen<br />
lässt sich Yellow nicht entgehen.<br />
AUCH SIE KÖNNEN HELFEN<br />
Nähere Informationen gibt es bei Dirk Brüseke vom<br />
Hundebesuchsdienst Bochum, ✆ (0 23 27) 7 23 62, und<br />
im Internet unter www.hundebesuchsdienst.de<br />
Fotos: Getty images, privat<br />
104 10 / 2011