pdf-datei - Mathematik - Universität Tübingen
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Kapitel 3. Die Fundamentalgruppe<br />
Daraus folgt, dass h(t)/h(t j ) ̸= −1 ist, denn h(t) und h(t j ) sind keine Antipoden.<br />
Nun folgt, dass log ( h(t)/h(t j ) ) (der Hauptzweig des Logarithmus) definiert ist,<br />
und gleichzeitig den orientierten Winkel zwischen h(t j ) und h(t) in (−π, π) wieder<br />
gibt. Man setzt nun<br />
ϕ(t) := 1 (<br />
log h(t )<br />
1)<br />
h(t)<br />
+ · · · + log<br />
2πi h(t 0 ) h(t j )<br />
wenn t ∈ [t j , t j+1 ] ist. Somit ist ϕ stetig, ϕ(0) = 0 und da h(t 0 ) = 1 ist, gilt<br />
(<br />
ex ◦ϕ(t) = exp log h(t )<br />
1)<br />
h(t)<br />
+ · · · + log<br />
h(t 0 ) h(t j )<br />
= h(t 1)<br />
h(t 0 ) · · · · · h(t)<br />
h(t j )<br />
= h(t) = f ◦ ex(t) <br />
Die eben gezeigte Abbildung ist eine sogenannte Liftung, wie sie in Abschnitt 6.3 noch<br />
genauer besprochen wird.<br />
Diese Funktion können wir nun benutzen, um eine weitere topologische Invariante zu<br />
definieren:<br />
Definition 3.28: Ist f : S 1 → S 1 stetig und ϕ : [0, 1] → R die eindeutig bestimmte<br />
Funktion mit ϕ(0) = 0 und f ◦ ex = f (1) · ex ◦ϕ, so nennen wir<br />
den Abbildungsgrad von f .<br />
deg( f ) := ϕ(1)<br />
Der Abbildungsgrad einer Funktion f gibt die „Windungszahl“ von f um den Nullpunkt<br />
an (siehe auch Abb. 3.10, und es ist ϕ(1) ∈ Z, denn ex(ϕ(1)) = f (1) −1 · f ◦<br />
ex(1) = f (1) −1 · f (1) = 1.<br />
Von einigen einfachen Funktionen ist der Abbildungsgrad leicht zu bestimmen. Für<br />
die konstante Funktion f (z) = c ist beispielsweise f ◦ ex = f (1) ex ◦ϕ, also ϕ(t) = 0<br />
für alle t ∈ [0, 1], und somit ist deg( f ) = 0. Die Identität hingegen hat deg(id) = 1,<br />
denn es ist id ◦ ex = id(1) ex ◦ id [0,1] , also ϕ(1) = id [0,1] (1) = 1. Genau genommen<br />
interessieren uns die genauen Werte aber gar nicht so sehr, sondern viel mehr, ob wir<br />
den Abbildungsgrad auf eine sinnvolle Weise auch auf ganzen Homotopieklassen von<br />
Abbildungen benutzen können.<br />
Lemma 3.29: Sind f 0 , f 1 : (S 1 , 1) → (S 1 , 1) homotop, so ist deg( f 0 ) = deg( f 1 ).<br />
BEWEIS: Sei dazu ( f s ) s∈[0,1] eine Homotopie zwischen f 0 und f 1 . Folglich ist auch<br />
(h s ) s∈[0,1] := ( f s ◦ ex) s∈[0,1] eine Homotopie zwischen h 0 := f 0 ◦ ex und h 1 = f 1 ◦ ex.<br />
Wie in Lemma 3.27 heben wir jetzt alle h s gleichzeitig zu ϕ s , so dass h s = ex ◦ϕ s<br />
ist. Damit ist Φ : [0, 1] × [0, 1] → R : (t, s) ↦→ ϕ s (t) stetig, denn weil (t, s) ↦→ h s (t)<br />
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