Diplomarbeit Der Berezinski˘i-Kosterlitz-Thouless - Institut für Physik ...
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1.2 Unordnung in der statistischen Mechanik 7<br />
1.2 Unordnung in der statistischen Mechanik<br />
Die obigen Überlegungen galten <strong>für</strong> reine Systeme wie dem durch (1.1) definierten.<br />
Wir diskutieren nun die formale Behandlung von Unordnung, die reine Systeme<br />
in zufälliger Weise stört, in der statistischen Mechanik. Man unterscheidet<br />
zwei Arten von Unordnung: Zum einen eingefrorene Unordnung ( ”<br />
quenched disorder“),<br />
deren Konfiguration sich unabhängig von den thermischen Freiheitsgraden<br />
einstellt, und auf der anderen Seite ”<br />
annealed disorder“, deren Konfiguration<br />
selbst thermisch fluktuiert. Mathematisch bedeutet dies, daß es im zweiten Fall<br />
ausreicht, die Zustandssumme über die Unordnung zu mitteln, um das Unordnungsmittel<br />
physikalischer Größen zu berechnen, während man im eingefrorenen<br />
Fall die freie Energie, also den Logarithmus der Zustandssumme, mitteln muß.<br />
Dies stellt ein erheblich größeres Problem dar, das allerdings auf Kosten neuer<br />
Schwierigkeiten durch den Replikatrick umgangen werden kann.<br />
Eine solche Mittelung ist nur sinnvoll, wenn man annimmt, daß die physikalischen<br />
Größen eines Systems mit Unordnung durch den Mittelwert gut beschrieben werden<br />
und die Abhängigkeit von der speziellen Realisierung der Unordnungskonfiguration<br />
schwach ist. Dies ist aufgrund folgender Überlegung in vielen Fällen<br />
mit genügend kurzreichweitiger Korrelation erfüllt: Ein System im thermodynamischen<br />
Limes kann in viele unkorrelierte, makroskopisch große Teilsysteme<br />
unterteilt werden; in jedem dieser Teilsysteme ist das Verhalten durch eine andere<br />
Unordnungskonfiguration bestimmt, und die Eigenschaften des Gesamtsystems<br />
sind dann durch das Mittel über alle Teilsysteme gegeben. 2<br />
Im folgenden betrachten wir den Einfluß eines bestimmten Typs von eingefrorener<br />
Unordnung auf den BKT-Übergang: Wir führen zufällig verteilte Phasenverschiebungen<br />
auf den Bindungen im XY-Modell ein.<br />
Bei tiefen Temperaturen erwarten wir sehr starken Einfluß von Unordnung, da<br />
hier keine thermischen Fluktuationen mehr auftreten, und die Freiheitsgrade aufgrund<br />
der Wechselwirkung untereinander eigentlich einen geordneten Zustand bevorzugen;<br />
durch die Unordnung wird dieser Zustand aber gestört. Eine interessante<br />
Frage ist dann, ob schon durch eine schwache, angelegte Störung die geordnete<br />
Phase zerstört wird oder weiterhin existiert. Wenn letzteres gilt, ist von Interesse,<br />
ob (und wenn ja wie) sich die Eigenschaften des Übergangs ändern; wichtig ist,<br />
ob sich die Universalitätsklasse oder nur nicht-universelle Eigenschaften wie die<br />
Übergangstemperatur ändern.<br />
Einen ersten Hinweis <strong>für</strong> die oben eingeführte Art der Unordnung erhält man<br />
durch das Harris-Kriterium [11, 17]: Da im reinen 2D XY-Modell die Bedingung<br />
2 − dν < 0 (d = 2 und ν ”<br />
unendlich“) gilt, 3 ist es trotz (schwacher) Unordnung<br />
möglich, daß der BKT-Übergang dadurch nur geringfügig verändert wird.<br />
2 Dies entspricht der gewöhnlichen Ensemble-Idee in der statistischen <strong>Physik</strong>. Ein System<br />
mit dieser Eigenschaft bezeichnet man als ”<br />
selbstmittelnd“.<br />
3 ν ist der kritische Exponent, der die Divergenz der Korrelationslänge bei Annäherung an<br />
den Übergang beschreibt.