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Landesminister statt des Mannes auf Listenposition<br />

eins, die Frau von Platz drei berufen,<br />

habe ich mehrfach erlebt, dass Frauen gar nicht<br />

erst auf die Liste gekommen sind, obwohl ihnen<br />

sonst ein Listenplatz sicher gewesen wäre. Das<br />

ist für die Betroffenen natürlich um ein Vielfaches<br />

schlechter, als wenn sie auf der Liste<br />

sind, vielleicht nicht den Ruf erhalten, aber immerhin<br />

diesen Listenplatz hatten. Mit anderen<br />

Worten, ich bin da ein bisschen hilflos, wie man<br />

dieses Problem lösen könnte.<br />

KIRSCH-AUWÄRTER: Von den Befürwortern<br />

wird die Quote gängig überschätzt, denn<br />

der Erlass ist noch nicht die Umsetzung. Die<br />

Schwierigkeiten tauchen danach auf. Aber<br />

von den Gegnern wird sie auch rasant unterschätzt.<br />

In Norwegen ist die Bewegung nicht<br />

zu stoppen; in den Aufsichtsgremien liegt der<br />

Frauenanteil jetzt bei 44 %. Diese Zahl wird<br />

vermutlich noch wachsen. Da ist den Betrieben,<br />

den Konzernen ein neues Instrument an die<br />

Hand gegeben worden und das entwickelt jetzt<br />

seine eigene Logik. In Schweden war bereits<br />

die Ankündigung ausreichend, dass eine solche<br />

25-Prozent-Quote eingeführt werden sollte:<br />

Dort ist der Frauenanteil jetzt schon auf 27 %<br />

gestiegen. Dabei ist das Gesetz noch gar nicht<br />

erlassen. Also, die Quote ist ein sehr wirksames<br />

Instrument, aber mit dem Erlass ist es nicht<br />

getan und es gibt auch noch einige Alternativen,<br />

wie wir Verbindlichkeiten erhöhen<br />

können zwischen Anreizen und Sanktionen. Ich<br />

glaube, das Erfolgsmoment ist die Aufwertung<br />

des Anlasses, die hohe Reputation, die damit<br />

verbunden ist, diesen Anlass auch zu bedienen.<br />

Und das kann man mit einer Quotendiskussion<br />

sehr gut einleiten.<br />

Was ist zu tun, um den notwendigen Kulturwandel<br />

auf der Ebene der Fachbereiche und<br />

Professuren voranzutreiben?<br />

SACKSOFSKY: Gleichstellungspolitik löst Abwehr<br />

aus, denn es geht um die Verteilung von<br />

Chancen. Ich verstehe junge männliche Kollegen,<br />

die auf dem Weg sind – und die Wissenschaft<br />

ist ein extrem unsicherer Weg – und<br />

sich fragen: „Werde ich jemals eine Professur<br />

erhalten?“. Ich verstehe, dass sich aus dieser Situation<br />

heraus Neidgefühle oder Existenzängste<br />

entwickeln können, aber ich glaube, die einzige<br />

Möglichkeit, wie man der daraus entstehenden<br />

Abwehr gegen Gleichstellungspolitik begegnen<br />

kann, ist, dass man die Mechanismen der<br />

versteckten, der subtilen Diskriminierungen und<br />

Ausschlüsse aufzeigt, z. B. dass eine Frau, die<br />

durchsetzungsstark auftritt, als aggressiv wahrgenommen<br />

wird, während es bei einem Mann<br />

einfach Durchsetzungskraft ist. Diese Momente<br />

aufzuzeigen halte ich für absolut zentral.<br />

MÜLLER: Sie können in konkreten Berufungsverfahren<br />

nicht die Chancen für Frauen verbessern,<br />

denn sie können ja gar nicht die jeweilige<br />

Kompetenz beurteilen: Aber Sie können die<br />

Transparenz über Verfahren vergrößern […].<br />

Die Universität Bremen hat ihre Berufungsverfahren<br />

relativ stark in den letzten Jahren im<br />

Sinne der Frauenförderung geändert. […] Die<br />

Gewinnung einer Personalagentur zur Bewertung<br />

außerfachlicher Kompetenzen hätte unter<br />

normalen Verhältnissen dazu geführt, dass der<br />

Rektor einer Universität davongejagt wird. Das<br />

wurde von vielen WissenschaftlerInnen als ein<br />

fundamentaler Verstoß gegen das Selbstverständnis<br />

der wissenschaftlichen Gemeinschaften<br />

PODIUMSGESPRÄCH<br />

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