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unterschiedliche Konstellationen sozialer Praxis<br />

handlungsrelevant und dort aus praktischen<br />

Gründen unverzichtbar sind. Sie ermöglichen<br />

Handeln – Alltagshandeln, ExpertInnen-Handeln<br />

oder die Produktion wissenschaftlichen<br />

Wissens. Und an ihnen hängt die Anerkennung<br />

der Handelnden als kompetentes Gesellschaftsmitglied,<br />

als Gender-ExpertIn oder als GeschlechterforscherIn.<br />

Nun liefern Idealtypen allerdings keine realistische<br />

Beschreibung der sozialen Wirklichkeit.<br />

Ihr heuristischer Wert beruht vielmehr darauf,<br />

dass sie systematisch Unterschiede machen, wo<br />

in der sozialen Wirklichkeit fließende Übergänge,<br />

Wechselwirkungen und Austauschbeziehungen<br />

anzutreffen sind. Idealtypen sind<br />

hypothetische Konstruktionen, sind Denkoperationen,<br />

deren Ziel es ist, die dem jeweiligen<br />

Wissens- und Handlungstypus inhärente Logik<br />

strikt heraus zu destillieren. Und gerade weil<br />

sie das tun, lässt sich mit ihrer Hilfe gezielt ins<br />

Scheinwerferlicht rücken, warum der Dialog<br />

zwischen Gleichstellungspolitik, Geschlechterforschung<br />

und ‚normalen‘ Gesellschaftsmitgliedern<br />

so schwierig geworden ist, warum<br />

der Wissenstransfer nicht nach dem Modell<br />

des Nürnberger Trichters funktioniert und die<br />

Gleichstellungspädagogik so oft ins Leere läuft.<br />

Im Scheinwerferlicht stehen die guten Gründe,<br />

die Gender-ExpertInnen, GeschlechterforscherInnen<br />

und die Frauen und Männer auf der<br />

Straße haben, an ihrem je besonderen Wissen<br />

festzuhalten. Im Scheinwerferlicht stehen damit<br />

auch die neuralgischen Punkte, an denen die<br />

Kommunikation zu Scheitern droht und der<br />

Wissenstransfer ins Stocken gerät. Und im<br />

Scheinwerferlicht kann man zwei weitere Aspekte<br />

sehen, die für das Verhältnis von Gleichstellungspolitik<br />

und Geschlechterwissen wichtig<br />

und folgenreich sind. Man kann sehen, dass<br />

die Idee der Gleichheit gegenwärtig auf dem<br />

besten Wege ist, sehr erfolgreich zu scheitern,<br />

weil sie zur neuen Norm, zu einem „Regulativ<br />

des Redens“ (Wetterer 2006) geworden ist,<br />

während das praktische Handeln aus gutem<br />

Grunde weiter seiner eigenen Logik folgt. Und<br />

man kann sehen, dass Gender Management,<br />

Gender Controlling oder Gleichstellungspädagogik,<br />

diese aktuellen, hoch professionellen<br />

Nachfahren der Frauenbewegung, Gleichstellungspolitik<br />

nicht ersetzen können, auch wenn<br />

sie heute vielfach als deren Substitute oder<br />

Platzhalter fungieren.<br />

Gender-ExpertInnen sind – nicht nur idealtypisch,<br />

sondern wirklich – knowledge worker<br />

geworden. Der Handlungsspielraum, den sie<br />

haben, um gleichstellungspolitische Zielvorstellungen<br />

praktisch umzusetzen, hängt immer<br />

auch davon ab, welche Handlungsziele ihre<br />

Auftrag- oder ArbeitgeberInnen verfolgen und<br />

welches Geschlechterwissen für ihre KundInnen,<br />

KlientInnen oder Vorgesetzen plausibel und<br />

bezugsfähig ist.<br />

Wenn meine theoretisch begründete Typologie<br />

des Geschlechterwissens irgendeinen praktischen<br />

Nutzen hat für die Gleichstellungspolitik<br />

– und ich bin aus den zuvor dargelegten<br />

Gründen inzwischen sehr vorsichtig geworden<br />

mit Ratschlägen aus der Theorie an die Praxis<br />

–, so läge er in der Einsicht, dass der Idee<br />

der Gleichheit nur dann nachhaltig auf die<br />

Sprünge geholfen werden könnte, wenn es an<br />

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