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ich zum einen auf die Überlegungen zur Wirkmächtigkeit<br />

von Audit-Strukturen und zum<br />

anderen auf eine von Kerr und Lorenz-Meyer<br />

(2009) entwickelte Unterscheidung zurückgreifen,<br />

nämlich zwischen „articulation workers“<br />

und „mobile careerbuilders“. Im Zentrum steht<br />

die Frage, wie die Anforderungen einer starken<br />

Mobilität vereinbar sind mit der Notwendigkeit,<br />

stabile Arbeitsumgebungen zu schaffen<br />

und aufrecht zu erhalten, die ihrerseits wieder<br />

Voraussetzung für Mobilität sind. Während der<br />

vielfach männliche „mobile careerbuilder“ das<br />

Wandern durch Institutionen als Ressource für<br />

die Realisierung der eigenen Karriere sieht und<br />

damit auch erfolgreich sein kann, so beschreiben<br />

sich in unseren Interviews überwiegend<br />

Frauen in der Rolle als „articulation workers“,<br />

die ihre Aufgabe unter anderem darin sehen, einen<br />

Beitrag für ein qualitativ hochwertiges und<br />

stabiles Arbeitsumfeld zu leisten und so das<br />

System erhalten. Dass sich Chancengleichheit<br />

nicht herstellt, solange diese ungleiche Rollenverteilung<br />

im Wissenschaftssystem beibehalten<br />

wird, ist leicht ersichtlich.<br />

Keineswegs abschließende Überlegungen<br />

Nun möchte ich nach diesen drei beispielhaften<br />

und sehr skizzenhaften Exkursen einige keineswegs<br />

abschließende Überlegungen anstellen. Im<br />

Grunde haben die letzten Seiten eine mächtige,<br />

durch rezente Reformen hervorgebrachte, normative<br />

Maschinerie skizziert, die eine umfassende<br />

Bedeutung für die Ausgestaltung von<br />

epistemischen Lebensräumen und Geschlechterverhältnissen<br />

hat. Das Wissenschaftssystem hat<br />

ein neues ideologisches Korsett erhalten, bestehend<br />

aus Werten wie Mobilität, Zählbarkeit,<br />

Kompetitivität, Internationalisierung, Exzellenz<br />

und vielen mehr. Es hat also eine bedeutende<br />

Reorientierung der Wissenschaft stattgefunden,<br />

ohne dass reflektiert wurde, welche Konsequenzen<br />

diese für unterschiedliche Personengruppen<br />

mit sich bringen könnte. In diesem<br />

Sinne ist es an der Zeit, eine Reflexion dieser<br />

„Tacit Governance“ von Wissenschaft, also des<br />

stillschweigenden Regierens und Regulierens<br />

der Forschung und der ForscherInnen durch<br />

die Managementstrukturen, vorzunehmen.<br />

Denn diese kontemporären Werteordnungen<br />

der Wissenschaft werden – und dies wurde in<br />

den zahlreichen Interviews und Beobachtungen<br />

deutlich – von vielen als quasi-natürlich und<br />

unumgänglich performiert. Dadurch erhalten<br />

New Public Management-Strukturen erstaunliche<br />

Robustheit. Sie werden zwar bejammert,<br />

aber nicht wirklich hinterfragt.<br />

Kaum mehr gestellt wird auch die Frage, wie<br />

ein wissenschaftliches Leben heute gelebt wird<br />

bzw. gelebt werden kann, ob und welche Wahlmöglichkeiten<br />

bestehen. Dies hat weitreichende<br />

Konsequenzen für Geschlechterordnungen.<br />

Sollen diese besser gestaltet werden, so sind<br />

– wie bereits eingangs hervorgehoben – nicht<br />

nur die expliziten Momente des Ausschlusses<br />

von Frauen in den Blick zu nehmen; vor allem<br />

gilt es, die Aufmerksamkeit auf die indirekt<br />

wirksamen neuen Ordnungen zu lenken. Diese,<br />

so das Argument, haben das Potenzial, in<br />

vielfacher Weise zum Ausschluss von Frauen,<br />

vor allem aber auch zu einem Selbstausschluss,<br />

beizutragen, da Frauen sich oft selbst eine mangelnde<br />

Passform mit den neuen Anforderungen<br />

attestieren.<br />

VORTRÄGE<br />

73

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