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lyse wiederholt heftig kritisiert worden, weil es<br />

deren Erkenntnissen nicht immer getreulich auf<br />

dem Fuße folgt. Das wissenschaftliche Wissen<br />

der Geschlechterforschung ist aus der alltagsweltlichen<br />

Sicht der Gesellschaftsmitglieder<br />

oft alles andere als plausibel und nicht nur aus<br />

terminologischen Gründen ein Buch mit sieben<br />

Siegeln. Das Alltagswissen ansonsten durchaus<br />

kompetenter Gesellschaftsmitglieder ist<br />

weit entfernt von der Gender-Kompetenz, die<br />

Gender-ExpertInnen für unverzichtbar halten.<br />

Und was die Sache nicht einfacher macht,<br />

ist, dass sich gerade in den gut ausgebildeten<br />

städtischen Mittelschichten vielfach die Überzeugung<br />

durchgesetzt hat, dass Geschlecht<br />

heute als sozialer Platzanweiser ohnedies kaum<br />

noch eine Rolle spielt und Gleichstellungspolitik<br />

deshalb eigentlich ebenso überflüssig ist wie<br />

die altmodisch gewordene feministische Gesellschaftsanalyse<br />

und -kritik.<br />

Feministische TheoretikerInnen, Gender-<br />

ExpertInnen und die Frauen und Männer auf<br />

der Straße wissen heute sehr Unterschiedliches<br />

über die Geschlechter; wichtiger noch: Sie<br />

halten Unterschiedliches für wissenswert und<br />

orientieren sich bei der Beurteilung dessen,<br />

was für sie wissenswert und glaubwürdig ist,<br />

offenkundig an je eigenen ‚Gütekriterien‘. Es<br />

liegt auf der Hand, dass damit beträchtliche<br />

Herausforderungen für den Wissenstransfer aus<br />

der Geschlechterforschung in die Gesellschaft<br />

verbunden sind, etwa für die Lehre in den<br />

Gender Studies oder für die Maßnahmen und<br />

Programme der Frauenförderung und Gleichstellungspolitik.<br />

Doch dessen ungeachtet sind<br />

die Voraussetzungen und Folgen dieser Ausdifferenzierung<br />

unterschiedlicher Spielarten von<br />

Geschlechterwissen bislang kaum systematisch<br />

erörtert und untersucht worden.<br />

Sofern die Unterschiede zwischen verschiedenen<br />

Spielarten von Geschlechterwissen<br />

überhaupt thematisiert werden, geschieht dies<br />

vielfach im Rahmen einer stillschweigenden,<br />

weil selbstverständlichen Hierarchisierung des<br />

Wissens, der zufolge wissenschaftliches Wissen<br />

die profundesten Einsichten vermittelt und<br />

gutes Expertenwissen sich dadurch auszeichnet,<br />

dass es diese Einsichten ‚aufgreift‘, sie in<br />

der Praxis ‚anwendet‘ und in die Sprache des<br />

Alltags ‚übersetzt‘, damit dann auch die Frau<br />

auf der Straße oder das Management im Betrieb<br />

von ihnen profitieren kann.<br />

Folgt man diesem Modell des Wissenstransfers,<br />

das dem Nürnberger Trichter nicht unähnlich<br />

ist, so finden sich die Unterschiede im Wissen<br />

transformiert in eine Hierarchie des Besser-Wissens,<br />

der als Kommunikations- und Austauschform<br />

nicht der Dialog entspricht, sondern die<br />

Belehrung. Dann gehört die Frau auf der Straße<br />

ins Feministische Grundstudium am Rosa-<br />

Mayreder-College Wien und das Management<br />

ins Gender-Training; dann brauchen Gender-<br />

ExpertInnen ab und zu eine Weiterbildung in<br />

Sachen Feministische Theorie und die TheoretikerInnen<br />

wenigstens ein Wochenendseminar,<br />

das sie mit den Grundzügen der gendersensiblen<br />

Pädagogik vertraut macht. Gender<br />

Change also als pädagogische Veranstaltung –<br />

ganz unbekannt ist uns das ja nicht.<br />

Problematisch ist dieses Modell nicht nur, weil<br />

mit der Transformation von Politik in Pädagogik<br />

unversehens das Politische von der Büh-<br />

VORTRÄGE<br />

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