Das Magazin - Ausgabe 03 - Systembiologie
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die funktionsweise<br />
der netzhaut<br />
Neue Erkenntnisse durch die <strong>Systembiologie</strong><br />
von Stephan Meding und Axel Walch<br />
Trotz jahrzehntelanger Erforschung der Netzhaut,<br />
dem für das Sehen verantwortlichen Teil des Auges,<br />
wissen wir bis heute wenig über ihre Funktionsweise.<br />
Daher gibt es nur wenige, theoretische Modelle zu ihrer<br />
Funktionsweise, die zudem nicht auf Experimenten,<br />
die das intakte Gewebe betrachten, beruhen.<br />
Der Verbund „IMAGING – Multimodale proteomische<br />
Bildgebung: Zugang zur Biomedizinischen <strong>Systembiologie</strong><br />
von Geweben“ hat das Ziel, die Netzhaut als<br />
Modellsystem gewebsbasiert in vitro und in vivo zu<br />
beschreiben. Dabei wird die Schichtstruktur der<br />
Netzhaut zur Entwicklung und Verknüpfung neuer,<br />
bildgebender Methoden für die systembiologische<br />
Beschreibung komplexer Gewebszustände genutzt.<br />
Diese innovativen Methoden werden durch automatisierte<br />
Bildanalyse unterstützt.<br />
In den letzten gut hundert Jahren wurde die Netzhaut detailliert<br />
beschrieben, ihr Aufbau, ihre zellulären Bestandteile, die Funktionen<br />
der einzelnen Zelltypen und deren Wechselspiel. Dennoch<br />
können solch scheinbar einfache, alltägliche Prozesse wie die Anpassung<br />
an die Lichtintensität, die Hell- und Dunkeladaptation,<br />
nicht auf Ebene des Gewebes beschrieben werden. Zwar sind die<br />
einzelnen biochemischen Prozesse erforscht, aber der Gesamtzusammenhang<br />
ist bis heute nicht verstanden.<br />
Die Adaptation der Netzhaut – Ein ideales Modell für<br />
die <strong>Systembiologie</strong><br />
Die Netzhaut ist für die Umwandlung von Licht in Nervensignale<br />
und die korrekte Weiterleitung an das Gehirn verantwortlich. Die<br />
klare Schichtstruktur der Netzhaut macht sie zu einem idealen<br />
Forschungsobjekt und Modellsystem für die Entwicklung neuer<br />
gewebsbasierter Ansätze in der <strong>Systembiologie</strong>. In der Stäbchenund<br />
Zapfenschicht findet die Umwandlung von Licht in Nervensignale<br />
statt, darüber liegen mehrere Schichten, die für die<br />
Signalverschaltung und die Weiterleitung ans Gehirn zuständig<br />
sind (Abb. 1). Die Adaptation findet hauptsächlich in der Stäbchen-<br />
und Zapfenschicht statt.<br />
Es gibt viele Limitierungen, die es bisher erschwert haben, die<br />
Hell- und Dunkeladaptation auf der Ebene des Gewebes zu verstehen.<br />
Vor allem die für diese Fragestellung nur eingeschränkt<br />
Abbildung 1: Die Netzhaut<br />
Bild: Institut für Pathologie, Helmholtz Zentrum München<br />
Durchlichtmikroskopische (links) und fluoreszenzmikroskopische Aufnahme (rechts) einer Netzhaut. Die einzelnen Schichten der Retina sind deutlich zu<br />
erkennen. Die klare Schichtstruktur macht die Netzhaut zu einem idealen Modellsystem für systembiologische Gewebeanalysen. (GS: Ganglienzellschicht,<br />
IP: Innere plexiforme Schicht, IK: Innere Körnerschicht, ÄP: Äußere plexiforme Schicht, ÄK: Äußere Körnerschicht, SZ: Stäbchen und Zapfenschicht - Hauptort<br />
der Adaptation).<br />
www.systembiologie.de Forschung Die Funktionsweise der Netzhaut 31