Das Magazin - Ausgabe 03 - Systembiologie
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WAS LÖSEN SCHADSTOFFE IN UNSEREN ZELLEN AUS –<br />
<strong>Das</strong> Netzwerk des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung - UFZ<br />
Im Alltag kommen wir mit einer Vielzahl von Schadstoffen in Berührung.<br />
Deren Einflüsse auf unseren Organismus sind bisher nur unvollständig<br />
verstanden. Dringt ein Schadstoff in eine Zelle ein, wird ein komplexes<br />
Netzwerk von Prozessen ausgelöst. Ein Schlüsselelement dabei ist<br />
der sogenannte Arylhydrocarbon (Ah) Rezeptor, der mit einer Vielzahl<br />
von Umweltschadstoffen interagiert. Nach Aktivierung durch Bindung<br />
eines Schadstoffes kann das zytoplasmatische Rezeptorprotein als<br />
Transkriptionsfaktor wirken und eine Vielzahl von Genen regulieren.<br />
Als Konsequenz werden wichtige Zellfunktionen gestört – bis hin zum<br />
Untergang der Zelle. Ob jede Chemikalie die gleichen Effekte bewirkt<br />
und welche Konzentrationen für welche Effekte verantwortlich sind,<br />
kann bisher nicht vorhergesagt werden. Simulationsmodelle sollen<br />
helfen, die Antwort einer Zelle auf eine Chemikalie besser zu verstehen<br />
und vorherzusagen.<br />
<strong>Das</strong> vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung - UFZ koordinierte<br />
Netzwerk „Vom Umweltschadstoff zur zellulären Antwort“ der Helmholtz-<br />
Allianz <strong>Systembiologie</strong> entwickelt deshalb Modelle, die ein besseres<br />
Verständnis der zellulären Abläufe unter Chemikalienexposition und<br />
Vorhersagen der zu erwartenden Effekte ermöglichen sollen. Langfristig<br />
lassen sich mit derartigen Vorhersagemodellen nicht nur die<br />
Abbildung 1: Ein integriertes Modell der zellulären<br />
Antwort auf eine Schadstoffexposition<br />
BaP Verteilung<br />
und Interaktion<br />
mit AhR<br />
Integriertes Model<br />
AhR Chromatin<br />
Interaktion<br />
p23<br />
Hsp90<br />
X<br />
A<br />
P<br />
AhR<br />
AhR<br />
ARNT<br />
XRE<br />
BaP<br />
Lysosom<br />
ER<br />
mRNA<br />
Mitochondrium<br />
Golgi<br />
Protein<br />
AhR abhängige<br />
Gen und Protein<br />
Regulation<br />
In einem integrierten Modell soll die zelluläre Antwort auf eine Schadstoffexposition<br />
erklärt und vorhersagbar gemacht werden. Dazu werden sowohl Schadstoff (BaP) und<br />
Arylhydrocarbon Rezeptor (AhR) Interaktion und Verteilung, sowie deren Auswirkungen<br />
auf der Gen- und Proteinebene untersucht.<br />
Bild: UFZ<br />
48<br />
jetzt noch notwendigen experimentellen Testserien zur Risikobeurteilung<br />
solcher Schadstoffe einschränken, es werden auch weniger<br />
Tierversuche nötig sein. Außerdem sollen aus diesen Modellen auch<br />
Möglichkeiten, die negativen Auswirkungen abzuwenden abgeleitet<br />
werden.<br />
Bei der Entwicklung der Vorhersagemodelle gehen wir von der Annahme<br />
aus, dass in Abhängigkeit von der Anzahl der Rezeptor-Ligand-Komplexe,<br />
die den Zellkern erreichen und an die DNA binden eine differentiell<br />
abgestufte Beeinflussung der Genregulation und damit Schädigung<br />
einer Zelle erfolgt. Die Verteilung der Chemikalie (Ligand) in der Zelle<br />
und deren Wechselwirkungen mit dem Ah-Rezeptor spielen dabei<br />
eine entscheidende Rolle. Um diese Parameter in den finalen Vorhersagemodellen<br />
berücksichtigen und mit den Informationen zur Gen- und<br />
Proteinregulation koppeln zu können, müssen zunächst die relevanten<br />
Parameter für die Verteilung von Chemikalie und Rezeptor in der Zelle<br />
und deren Interaktion bestimmt werden (Abb. 1). Dies erfolgt auf der<br />
Basis von Fluoreszenzmikroskopiedaten.<br />
Wie sich Moleküle in der Zelle verteilen<br />
Die modernen Mikroskopieverfahren ermöglichen die Visualisierung<br />
von Prozessen auf zellulärer Ebene. So können durch konfokale<br />
Fluoreszenzmikroskopie in unserem Modellsystem sowohl der<br />
Ah-Rezeptor, als auch der aktivierende Schadstoff (in unserem Fall<br />
Benzo(a)pyren, BaP) in der lebenden Zelle räumlich- und zeitlichaufgelöst<br />
untersucht werden. Der polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoff<br />
BaP, der z.B. in Abgasen vorkommt, dient dabei als<br />
Modellchemikalie für eine ganze Klasse von anderen Schadstoffen. Mit<br />
dem sogenannten FRAP (Fluorescence Recovery After Photobleaching)-<br />
Verfahren (Abb. 2) werden Daten gewonnen, aus denen mit Hilfe<br />
mathematischer Modelle die relevanten Parameter für die Bewegung<br />
und Verteilung von Schadstoff und Rezeptor in der Zelle und deren<br />
Interaktion abgeleitet werden können (Mai et al., 2011). Zusätzlich<br />
ermöglicht die Fluoreszenzmikroskopie die Visualisierung von zellulären<br />
Strukturen, aus denen reale dreidimensionale Modelle der Zelle<br />
erstellt werden. Werden nun die mathematischen Rekonstruktionen<br />
der realen Zellen mit den Parametern der BaP/AhR Interaktion vereinigt,<br />
kann in Simulationen die Dynamik dieser Interaktion nachvollzogen<br />
bzw. vorhergesagt werden (Abb. 3).<br />
Welche Parameter eignen sich zur Vorhersage?<br />
Ein Schadstoff kann in einer Zelle eine komplexe Reaktion auslösen,<br />
die sich aus verschiedenen Aspekten zusammensetzt. Die resultierende<br />
Änderung des Phänotyps einer Zelle ist dabei nicht das