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Das Magazin - Ausgabe 03 - Systembiologie

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vorwort<br />

Zwischen den Zeilen...<br />

müssen Sie, liebe Leserinnen und Leser, in dieser <strong>Ausgabe</strong> der systembiologie.de nicht lesen, um die<br />

Bedeutung der Bildlichkeit in der <strong>Systembiologie</strong> zu verstehen. Wenn man in diesem Heft auch keine neuen<br />

Vor-Bilder in der <strong>Systembiologie</strong> findet, gewährt dieses Heft vielfältige Einsichten in die faszinierende Welt<br />

der bildgebenden Verfahren. Diese haben in den letzten beiden Jahrzehnten einen stürmenden Einzug in die<br />

quantitative Biologie gehalten. Sie werden die Lebenswissenschaften langfristig mehr beeinflussen als die<br />

heute hochgepriesenen, molekularen Hochdurchsatztechnologien. Diese Wunderwaffen der Molekularbiologie<br />

erzeugen eine Flut von Daten, die sich jedoch einer intuitiven Interpretation entziehen. Bildgebende Verfahren<br />

liefern zwar per se keine Erkenntnis, jedoch generieren sie Bilder, die einer intuitiven Interpretation sehr viel<br />

näher sind als unendlich lange Buchstaben- oder Zahlenketten.<br />

Gottfried Böhm, Ordinarius für Neuere Kunstgeschichte an der Universität Basel und Herausgeber maßgeblicher Bücher zur Bildtheorie,<br />

spricht von einem tief verankerten Bedürfnis im Menschen nach dem Bildlichen. Die Frage, was ein Bild ist und welche Bedeutung das<br />

Bildliche hat, sei schließlich so alt wie unsere Kulturgeschichte. Der homo pictor, der Höhlenmaler, steht geschichtlich vor dem zoon<br />

logon echon, dem in Begriffen denkenden, vernunftbegabten Wesen. <strong>Das</strong> Bild, bei Platon noch unter Generalverdacht, ist längst zu<br />

einem bedeutenden Werkzeug der modernen Natur- und Lebenswissenschaften geworden und bestimmt unser Alltags- und Wissenschaftsleben<br />

in stetig steigendem Maße.<br />

So überrascht nicht, dass die <strong>Systembiologie</strong>, jene Disziplin, die sich definitionsgemäß mit komplexen Begrifflichkeiten und Zusammenhängen<br />

beschäftigt, sich immer mehr der Bildlichkeit bedient. Ganz im Sinne von Platon in seinem Werk Sophistes, der das Sehen-<br />

Lassen als „etwas zu seinem Sein führen“ bezeichnet, dienen hier Bilder dazu, biologische Formen sichtbar zu machen, ja förmlich ins<br />

Leben, ins Sein zu berufen.<br />

Beim Vorstoß in den Mikrokosmos der Zellen und die Nanowelt von Molekülen sehen sich die Pioniere bildgebender Verfahren mit<br />

großen technischen Herausforderungen konfrontiert. Ein hohes Maß an Beharrlichkeit, Erfindergeist und Ingenieurskunst haben die<br />

hochauflösende Lichtmikroskopie revolutioniert. Fast eineinhalb Jahrhunderte lang galt ein zentrales Theorem der Optik zur räumlichen<br />

Auflösungsgrenze als unüberwindbar. Pfiffige Ideen gepaart mit theoretischen Überlegungen haben jedoch zur Überwindung jener<br />

fest zementiert geglaubten Auflösungsgrenzen in der Lichtmikroskopie geführt (siehe Artikel v. Stefan Hell, Seite 52). Wir können zu<br />

Recht stolz darauf sein, dass diese Entwicklungen von Forschern im Land der Dichter und Denker, aber auch der Tüftler und Erfinder,<br />

vorangetrieben wurde. Verspielter Geist, den man sonst hauptsächlich Kindern attestiert, weht allerorten im Land der <strong>Systembiologie</strong>.<br />

Dieser Erfindungsgeist erschließt faszinierende, neue Anwendungsfelder der <strong>Systembiologie</strong>, von der Stammzellenforschung bis hin<br />

zur Biomechanik von Tumorzellen.<br />

Zur anthropologischen Frage, was ein Bild sei, bemerkt Böhm, dass jedes Bild seine Bestimmungskraft aus der Liaison mit dem Unbestimmten<br />

ziehe. <strong>Das</strong> Unbestimmte und Potenzielle sei der tragende Grund für das Bildliche. So ziehen die Bilder in der <strong>Systembiologie</strong><br />

ihre Faszination aus dem Versprechen, Unsichtbares sichtbar und Unverständliches verständlich zu machen.<br />

Willkommen in der schönen, neuen Welt der Bilder der <strong>Systembiologie</strong>!<br />

Ihr Roland Eils<br />

Chefredakteur<br />

www.systembiologie.de<br />

Vorwort Prof. Dr. Roland Eils<br />

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