Vorlesungsskript Finanzmathematik I
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2.3 Eindeutigkeit von Zustandspreisen und Marktvollständigkeit 22<br />
Die Proposition zeigt, dass sich Zustandspreise und risikoneutrale Wahrscheinlichkeitsmaße eineindeutig<br />
entsprechen. Insbesondere ist also nach dem 1. Fundamentalsatz die Arbitragefreiheit<br />
eines Marktes äquivalent zur Existenz eines risikoneutralen Maßes.<br />
Beweis: 1) Das W-maß Q ist offensichtlich wohldefiniert; darüber hinaus gilt q k > 0 für alle<br />
k. Wir müssen die risk-neutral pricing rule (2.9) überprüfen. Sei W = Dθ eine erreichbare<br />
Auszahlung. Dann gilt für deren Preis S ′ θ nach Lemma 2.2.3:<br />
S ′ θ =<br />
K∑<br />
k=1<br />
( K<br />
)<br />
∑ ∑ K<br />
ψ k W k = ψ k q k W k . (2.10)<br />
k=1 k=1<br />
Nun ist ∑ K<br />
k=1 ψ k der Preis des risikoneutralen Portfolios mit Auszahlung (1, . . . , 1) ′ . Also gilt<br />
S ′ θ = (1 + r) −1 ∑ K<br />
k=1 q kW k .<br />
2) Wir müssen zeigen, dass ψ die Gleichung S = D ′ ψ löst. Nach der risk-neutral pricing<br />
rule (2.9) und der Definition von ψ gilt für jede erreichbare Auszahlung die Gleichung<br />
S ′ θ = 1<br />
1 + r<br />
K∑<br />
q k W k = ψ ′ W ,<br />
k=1<br />
so dass die Behauptung unmittelbar aus Lemma 2.2.3 folgt.<br />
<br />
2.3 Eindeutigkeit von Zustandspreisen und Marktvollständigkeit<br />
Gemäß Definition 2.1.3 heisst ein Wertpapiermarkt mit Auszahlungsmatrix D vollständig, wenn<br />
jede bedingte Auszahlung W erreichbar ist. Im folgenden Satz geben wir eine Charakterisierung<br />
vollständiger Märkte.<br />
Satz 2.3.1 (2. Fundamentalsatz der Wertpapierbewertung). Sei (D, S) ein arbitragefreier Markt.<br />
Dann gilt: Es gibt genau einen Vektor von Zustandspreisen genau dann, wenn der Markt<br />
vollständig ist.<br />
Aus Proposition 2.2.7 folgt unmittelbar, dass Marktvollständigkeit auch äquivalent ist zur Eindeutigkeit<br />
des risikoneutralen Maßes.<br />
Wir verweisen wieder auf den Beweis im Falle von Mehrperiodenmodellen.<br />
Bemerkung: Der Beweis von Satz 2.3.1 stützt sich im wesentlichen auf die aus der linearen<br />
Algebra bekannte Identität ker D ′ = (im D) ⊥ .<br />
Beispiel 2.3.2. Trinomialmodell. Wie in Beispiel 2.1.2 betrachten wir einen Markt mit<br />
⎛ ⎞<br />
1 180<br />
D = ⎝1 150⎠ , und S = (1, 150) ′ .<br />
1 120<br />
Wir wissen bereits, dass der Markt unvollständig ist. Im folgenden bestimmen wir alle Zustandspreise/Martingalmaße.<br />
Die Bedingung S = D ′ ψ führt auf das LGS<br />
180ψ 1 + 150ψ 2 + 120ψ 3 = 150<br />
ψ 1 + ψ 2 + ψ 3 = 1, ψ i > 0.<br />
Das LGS führt auf Lösungen der Form ψ 1 = ψ 3 , ψ 2 = 1 − 2ψ 3 , die Bedingung ψ i > 0 also auf<br />
Zustandspreise der Form ψ = { (α, 1 − 2α, α), α ∈ ( 0, 1 2)}<br />
.