Vorlesungsskript Finanzmathematik I
Vorlesungsskript Finanzmathematik I
Vorlesungsskript Finanzmathematik I
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
3.2 Arbitragefreiheit und Martingalmaße 34<br />
Beweis: Es reicht, zu zeigen, dass es keine Strategie θ mit V θ<br />
0 ≤ 0, V θ N ≥ 0 und P (V θ N > 0) > 0<br />
geben kann. Dazu zeigen wir, dass für jede Strategie θ mit V θ N ≥ 0, P (V θ N<br />
> 0) > 0 auch<br />
V θ<br />
0 > 0 gelten muss.<br />
Da sign(V θ N ) = sign(Ṽ θ N ), folgt, dass für jede derartige Strategie auch Ṽ θ N ≥ 0, P (Ṽ θ N > 0) > 0<br />
gilt; aus Q ∼ P ist, folgt Q(Ṽ θ N<br />
> 0) > 0 und somit EQ (Ṽ θ N<br />
) > 0. Nach Lemma 3.2.3 ist Ṽ θ<br />
aber ein Q-Martingal, insbesondere gilt also V θ<br />
0 = Ṽ θ<br />
0 = EQ (Ṽ θ N ) > 0. <br />
Nunmehr wollen wir die Umkehrung von Proposition 3.2.4 beweisen. Hierzu brauchen wir die<br />
folgende Charakterisierung der Martingaleigenschaft von ˜S.<br />
Lemma 3.2.5. Der diskontierte Preisprozess ˜S ist genau dann ein Q-Martingal, wenn für jede<br />
zulässige, selbstfinanzierende Handelsstrategie gilt, dass E Q (<br />
˜Gθ<br />
N<br />
)<br />
= 0.<br />
Beweis. Da |Ω| < ∞, ist θ stets beschränkt und man erhält die Aussage aus Lemma A.1.11.<br />
<br />
Proposition 3.2.6. Falls das Finanzmarktmodell M arbitragefrei ist, so gibt es mindestens ein<br />
äquivalentes Martingalmaß.<br />
Bemerkung. Zusammengenommen zeigen die Propositionen 3.2.4 und 3.2.6 also gerade, dass<br />
die Arbitragefreiheit des Finanzmarktmodells M äquivalent ist zur Existenz von äquivalenten<br />
Martingalmaßen. Dies ist der berühmte erste Hauptsatz der Wertpapierbewertung.<br />
Beweis von Proposition 3.2.6:<br />
Definiere<br />
P :=<br />
{<br />
X : Ω ↦→ R : X(ω k ) ≥ 0, 1 ≤ k ≤ K, und<br />
K∑<br />
k=1<br />
{ }<br />
M := ˜Gθ N : θ ist selbstfinanzierende Handelsstrategie .<br />
}<br />
X(ω k ) = 1<br />
Wir können P und M mit Teilmengen von R K identifizieren, indem wir jede Zufallsvariable<br />
ξ : Ω ↦→ R durch den Vektor (ξ(ω 1 ), . . . , ξ(ω K )) ′ darstellen. Aus (NA) folgt M ∩ P = ∅; sonst<br />
existierte eine selbstfinanzierende Handelsstrategie, θ mit ˜G θ N (ω k) > 0 für mindestens ein k ∈<br />
{1, . . . , K}. Dann ist P eine konvexe, abgeschlossene und beschränkte Teilmenge von R K und<br />
M aufgrund der Linearität der Abbildung θ → ˜G θ N ein linearer Unterraum von RK . Der Satz<br />
von Hahn-Banach 1 liefert nun die Existenz eines linearen Funktionals F : R K ↦→ R, so dass<br />
F (m) = 0 für alle m ∈ M und F (p) > 0 für alle p ∈ P .<br />
Der letzte Schritt besteht nun in der Konstruktion des Maßes Q aus F . Mit {e k : 1 ≤ k ≤ K}<br />
seien die Einheitsvektoren auf R K bezeichnet. Dann ist e k ∈ P für jedes K, und somit F (e k ) > 0.<br />
Durch<br />
q k :=<br />
F (e k )<br />
∑ K<br />
i=1 F (e i)<br />
1 Genau genommen, seine geometrische Version, die man oft auch als Trennungssatz bezeichnet, siehe Werner<br />
(2000), Theorem III.2.4 und Theorem III.2.4.5. Wir verwenden eine unmittelbare Folgerung aus dem zweiten<br />
Theorem, nämlich dass für einen linearen Unterraum M und einer konvexen, abgeschlossenen Menge P mit<br />
M ∪ P = ∅ ein lineares Funktional F existiert, so dass F (M) = 0 und F (P ) > 0. Denn nach dem Theorem<br />
existiert für ein m ∈ M ein lineares Funktional ˜F mit ˜F (m) < inf{ ˜F (p) : p ∈ P }; durch F (x) := ˜F (x) − ˜F (m)<br />
erhalten wir das gesuchte F .