Vorlesungsskript Finanzmathematik I
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3.2 Arbitragefreiheit und Martingalmaße 35<br />
definiert man also ein äquivalentes Wahrscheinlichkeitsmaß Q, für welches<br />
E Q ( ˜G θ N) =<br />
K∑<br />
q k ˜Gθ N (ω k )<br />
k=1<br />
1<br />
( K<br />
= ∑ K<br />
i=1 F (e i) F ∑ )<br />
e k ˜Gθ N (ω k ) = 0,<br />
da das Argument auf welches F angewendet wird in M liegt. Damit ist ˜G N nach Lemma 3.2.5<br />
ein Martingal und somit Q das gesuchte äquivalente Martingalmaß.<br />
<br />
k=1<br />
Die risikoneutrale Bewertungsformel. Wir behandeln nun die Bewertung von bedingten<br />
Auszahlungen (contingent claims). Dabei verstehen wir unter einem contingent claim mit<br />
Fälligkeit T ∈ {1, . . . , N} eine F T -messbare Zufallsvariable. Dies können z.B. Derivate sein,<br />
deren Auszahlung durch eine Funktion des Kursverlaufs bestimmter Wertpapiere gegeben ist.<br />
Definition 3.2.7. Gegeben sei ein Finanzmarktmodell M.<br />
1.) Ein contingent claim H mit Fälligkeit T heißt erreichbar, falls es eine selbstfinanzierende<br />
Handelsstrategie θ gibt, so dass V θ T<br />
= H gilt; dieses θ nennt man Replikationsstrategie für<br />
H.<br />
2.) Sei M arbitragefrei und H ein erreichbarer claim mit Replikationsstrategie θ. Dann ist<br />
der faire Preis von H in t ≤ T durch die Replikationskosten V θ<br />
t gegeben.<br />
Satz 3.2.8 (risk-neutral pricing). Gegeben sei ein arbitragefreier Markt M und ein erreichbarer<br />
contingent claim H mit Fälligkeit T . Desweiteren sei Q ein äquivalentes Martingalmaß. Dann<br />
ist der Preis von H in t ≤ T gegeben durch<br />
H t := S t,0 E Q( H<br />
∣ ) ∣∣ Ft . (3.7)<br />
S T,0<br />
Bemerkung. Gleichung (3.7) ist die risikoneutrale Bewertungsformel (risk-neutral pricing rule).<br />
Gilt speziell S t,0 = ∏ t<br />
s=1 (1 + r s) für einen previsiblen Zinsprozess (r t ) t=1,...,N mit Werten in<br />
[0, ∞), so gilt<br />
H t = E Q(<br />
T ∏<br />
s=t+1<br />
H<br />
1 + r s<br />
∣ ∣ Ft<br />
)<br />
.<br />
Beweis von Satz 3.2.8: Sei θ eine Replikationsstrategie für H. Wir zeigen, dass in t ≤ T die<br />
Identität<br />
gilt. Setze ˜H :=<br />
V θ<br />
t<br />
= S t,0 E Q( H<br />
S T,0<br />
∣ ∣∣ Ft<br />
)<br />
H<br />
S T,0<br />
. Es gilt V θ T = H und somit Ṽ θ T = ˜H. Wir haben also die Darstellung<br />
˜H = Ṽ θ T<br />
= Ṽ θ<br />
t + ˜G θ T − ˜G θ t .<br />
Wie in Lemma 3.2.3 gezeigt wurde, ist ˜G θ ein Q-Martingal. Damit folgt<br />
E Q( ˜H<br />
∣ ∣ Ft<br />
)<br />
= Ṽ θ<br />
t<br />
+ E Q( ˜Gθ T − ˜G θ t<br />
(3.8)<br />
∣ F t<br />
)<br />
= Ṽ θ<br />
t . (3.9)<br />
Multiplikation von (3.9) mit S t,0 liefert (3.8) und somit die Behauptung.<br />
<br />
Folgerung.