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DAS ERREICHTE NICHT VERSPIELEN - Sachverständigenrat zur ...

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Europarechtliche Schranken 401<br />

durch Sonderregeln geltend machen wollen, sind sie gehalten, die vom EG-Vertrag dafür gesetzten<br />

Grenzen zu beachten.<br />

611. Die Rüstungsindustrie bildet in diesem Zusammenhang die Ausnahme, die die Regel bestätigt.<br />

Nach Artikel 296 EG-Vertrag kann jeder Mitgliedstaat die seines Erachtens für die Wahrung<br />

seiner Sicherheitsinteressen notwendigen Maßnahmen ergreifen, soweit sie die Erzeugung von<br />

Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen. Diese Bestimmung ist der<br />

Grund dafür, dass die in § 7 Absatz 2 Nr. 5 des deutschen Außenwirtschaftgesetzes vorgesehene<br />

Möglichkeit der staatlichen Beschränkung des Erwerbs von Unternehmen der Rüstungsindustrie<br />

oder Beteiligungen an solchen Unternehmen nicht im Widerspruch zum EG-Vertrag steht. Dass<br />

die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial und der Handel damit ausdrücklich von<br />

den Beschränkungen der mitgliedstaatlichen Souveränität durch den EG-Vertrag ausgenommen<br />

sind, bedeutet allerdings auch, dass die für die Rüstungsindustrie geltenden Bestimmungen nicht<br />

ohne weiteres auf Unternehmen anderer Wirtschaftszweige ausgedehnt werden können, für die es<br />

eine solche vertragliche Ausnahmebestimmung nicht gibt. Äußerungen im politischen Raum, man<br />

solle doch einfach die für die Unternehmen der Rüstungsindustrie geltenden Regeln auf andere<br />

Unternehmen von strategischer Bedeutung ausdehnen, verkennen diesen Unterschied der europarechtlichen<br />

Rahmenbedingungen.<br />

612. Von den in Artikel 58 EG-Vertrag genannten Ausnahmen von der Kapitalverkehrsfreiheit<br />

ist im gegenwärtigen Zusammenhang vor allem die in Absatz 1 (b) genannte Möglichkeit von Interesse,<br />

dass die Mitgliedstaaten „Maßnahmen … ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen<br />

Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt sind“. Der Begriff der öffentlichen Ordnung und Sicherheit<br />

wird, wie bereits erwähnt, vom Europäischen Gerichtshof eng ausgelegt. Rein wirtschaftliche<br />

Belange oder Ziele der Wirtschaftspolitik fallen nach Auffassung des Gerichtshofs nicht darunter.<br />

Dies zeigt ein Verfahren gegen Portugal, das im Zusammenhang mit der Privatisierung von Staatsunternehmen<br />

Beschränkungen für Beteiligungen ausländischer Investoren an bestimmten Unternehmen<br />

einführen wollte. Die mit dieser Beschränkung verfolgten Ziele − die Einflussnahme auf<br />

die Wahl der strategischen Partner der Unternehmen, die Stärkung wettbewerblicher Strukturen in<br />

den Märkten und die Verbesserung der Effizienz − wurden nicht als Gründe der öffentlichen Ordnung<br />

und Sicherheit im Sinne des Artikel 58 EG-Vertrag anerkannt. Die Sicherheit der Energieversorgung<br />

eines Landes dagegen kann einen solchen Grund darstellen, „da nicht nur das Funktionieren<br />

seiner Wirtschaft, sondern vor allem auch das seiner Einrichtungen und seiner wichtigen<br />

öffentlichen Dienste und selbst das Überleben seiner Bevölkerung“ davon abhängen. Hier stellt<br />

das Gericht ausdrücklich darauf ab, dass das Interesse an einer Mindestversorgung mit Energie<br />

„über Erwägungen rein wirtschaftlicher Art“ hinausgeht (Rechtssache 72/83).<br />

613. Der Begriff der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit wird vom Gericht extensiv ausgelegt.<br />

Da der Vertrag selbst diesen Begriff nicht weiter spezifiziert, greift der Europäische Gerichtshof<br />

regelmäßig auf die im Anhang <strong>zur</strong> Kapitalverkehrs-Richtlinie von 1988 enthaltene Nomenklatur<br />

zum Kapitalverkehr <strong>zur</strong>ück. Darin wird der Erwerb von Aktienpaketen, die dem Erwerber die<br />

Möglichkeit geben, an der Verwaltung oder Kontrolle eines Unternehmens teilzuhaben, den Direktinvestitionen<br />

zugerechnet. Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich hieraus, dass eine staat-

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