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DAS ERREICHTE NICHT VERSPIELEN - Sachverständigenrat zur ...

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Europarechtliche Schranken 405<br />

bot der Diskriminierung von besonderer Bedeutung. Sowohl das Wort „Ausländisch“ als auch<br />

das Wort „Staatsfonds“ enthalten Elemente der Diskriminierung. Im Verfahren der Europäischen<br />

Kommission gegen Italien hat der Europäische Gerichtshof erklärt, sofern nicht überzeugende<br />

sachliche Gründe genannt würden, dürfe der Mitgliedstaat nicht zwischen privaten Investoren und<br />

ausländischen öffentlichen Investoren unterscheiden. Eine verschiedene Behandlung von Anlegern<br />

oder Anlagegesellschaften in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist europarechtlich<br />

ohnehin unzulässig. Eine unterschiedliche Behandlung von Anlegern oder Anlagegesellschaften<br />

mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und Anlegern oder Anlagegesellschaften<br />

mit Sitz in einem dritten Land ist nach Artikel 56 EG-Vertrag ebenfalls verboten, kann aber nach<br />

Artikel 57 Absatz 1 EG-Vertrag erlaubt sein, wenn es die entsprechenden Regeln schon am<br />

31. Dezember 1993 gab. Ansonsten könnte auch nach Artikel 57 Absatz 2 EG-Vertrag der Rat auf<br />

Vorschlag der Europäischen Kommission solche Regeln beschließen; dazu bedürfte es allerdings<br />

der Einstimmigkeit.<br />

621. Jeglicher Versuch eines Mitgliedstaats oder der Europäischen Union insgesamt, die Tätigkeit<br />

von Anlegern oder Anlagegesellschaften mit Sitz in einem Drittland zu beschränken, muss der<br />

Möglichkeit Rechnung tragen, dass die betreffenden Anleger oder Anlagegesellschaften zum<br />

Zweck der Anlage von Mitteln in der Europäischen Union eine Tochtergesellschaft als juristische<br />

Person in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gründen. Nach dem Wortlaut des Artikel<br />

48 EG-Vertrag wäre diese Gesellschaft wie eine natürliche Person zu behandeln, die Angehörige<br />

des betreffenden Mitgliedstaats ist. Insofern käme sie voll in den Genuss des Diskriminierungsverbots<br />

des EG-Vertrages, und der Versuch, die Tätigkeit dieser Anleger in dem betreffenden<br />

Mitgliedstaat oder der Europäischen Union als Ganzes zu beschränken, würde unterlaufen.<br />

Ein von Frankreich im Dezember 2005 erlassenes Dekret <strong>zur</strong> Genehmigungspflicht für ausländische<br />

Beteiligungen an Unternehmen, die in elf einzeln spezifizierten, für die öffentliche Ordnung,<br />

öffentliche Sicherheit oder Landesverteidigung wichtigen Sektoren tätig sind, sieht − unter Berufung<br />

auf Artikel 57 Absatz 1 EG-Vertrag −eine unterschiedliche Behandlung von Angehörigen<br />

anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Angehörigen von Drittländern vor und ordnet<br />

dabei die in der Europäischen Union angesiedelten juristischen Personen mit Eigentümern in Drittländern<br />

den letzteren zu. Die Europäische Kommission hat geltend gemacht, dass sie diese Regelung<br />

als Verletzung von Artikel 43 des EG-Vertrages ansieht, und prüft derzeit die Einleitung<br />

eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Frankreich.<br />

Fazit<br />

622. Aus den vorstehenden Überlegungen sind folgende Schlüsse zu ziehen:<br />

− Allgemeine Genehmigungspflichten sind zumeist nicht europarechtskonform.<br />

− Spezielle Melde- und Genehmigungspflichten, die bestimmte Unternehmen und bestimmte<br />

Maßnahmen betreffen, die für die öffentliche Ordnung und Sicherheit von Bedeutung sind, können<br />

möglicherweise mit dem Europarecht vereinbar sein, sofern sie eindeutig, eng definiert und<br />

justiziabel sind.

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