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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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C) Verhaltenspflichten der Organmitglieder auf Primärebene<br />

selbst. 518 Für die Vornahme einer Evidenzprüfung wird vor allem vorgebracht, es<br />

sei schon im Interesse des Anlegerschutzes nötig, eine solche vorzunehmen, da es<br />

für die Aktionäre unzumutbar sei, wenn die Eingehung eines völlig unvertretbaren<br />

Risikos als pflichtgemäß gewertet werde. 519<br />

Allerdings fragt sich, welche Funktion § 93 Abs. 1 S. 2 AktG überhaupt haben<br />

soll, wenn ein gutgläubiges, von Fremdinteressen freies Handeln aufgr<strong>und</strong> angemessener<br />

Information dennoch einer Evidenzkontrolle unterzogen wird. Denn,<br />

soweit das Bestehen einer Evidenzkontrolle zu den Voraussetzungen der Business-Judgement-Rule<br />

gehört, kann das vorliegen der übrigen Voraussetzungen im<br />

Falle der evidenten Fehlentscheidung keine Rolle spielen. Somit erscheint die Rule<br />

lediglich als deklaratorischer Hinweis auf die durch die ARAG/Garmenbeck-<br />

Entscheidung statuierten Gr<strong>und</strong>sätze.<br />

Dogmatisch besonders verworren wird die Frage durch die Rechtsfolge der<br />

Business-Judgement-Rule, die lediglich in dem Ausschluss der Pflichtwidrigkeit<br />

besteht, aber nichts darüber aussagt, was bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen<br />

gelten soll. Denn nach nahezu einhelliger Meinung kann bei Nichtvorliegen der<br />

Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht per se von einer Pflichtwidrigkeit<br />

ausgegangen werden. 520 Vielmehr könne die Handlung dann vom Gericht<br />

nach den allgemeinen Regeln auf ihre Pflichtwidrigkeit hin überprüft werden,<br />

wobei allerdings stets betont wird, dass das Nichtvorliegen der Voraussetzungen<br />

der Business-Judgement-Rule wiederum ein kaum zu entkräftender Anhaltspunkt<br />

für die Pflichtwidrigkeit ist 521.<br />

Problematisch ist auch die Frage, ob beim Fehlen des Merkmals „unternehmerische<br />

Entscheidung“ die Überprüfung durch das Gericht noch etwas anderes<br />

ergeben kann, als ein Pflichtwidrigkeitsurteil. Denn, wenn diese Voraussetzung<br />

fehlt, liegt schon ein Verstoß gegen die Legalitätspflicht <strong>und</strong> damit per se eine<br />

Pflichtverletzung vor. Auch das Fehlen des Merkmals „Freiheit von Interessenkonflikten<br />

<strong>und</strong> sachfremden Erwägungen“ dürfte stets zu einer Pflichtwidrigkeit<br />

führen. Denn fehlt es, liegt ein Verstoß gegen die Treuepflicht vor. 522<br />

Auf die dogmatischen Probleme der Business-Judgement-Rule kann an dieser<br />

Stelle nicht näher eingegangen werden. Für die Verifizierung der These der asymmetrischen<br />

Akzessorietät sind sie aber auch nicht entscheidend. Denn ausgelotet<br />

werden sollte der auf Primärebene vorhandene unternehmerische Beurteilungs-<br />

<strong>und</strong> Ermessensspielraum, um klären zu können, ob das Strafrecht einen großzügi-<br />

518Siehe etwa Brömmelmeyer, WM 2005, S. 2065 (2069).<br />

519Brömmelmeyer, in: WM 2005, S. 2065 (2069); Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 50.<br />

520Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 60; Krieger/Sailer, in: Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 11; Mertens/Cahn,<br />

in: Köln. Komm.-AktG, § 93 Rn. 15 Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 39.<br />

521Siehe etwa Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 39.<br />

522 Somit bleiben Fälle des fehlenden guten Glaubens <strong>und</strong> solche der mangelhaften Informationsbasis<br />

der Entscheidung. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, müsste das Gericht die unternehmerische<br />

Entscheidung auf ihre Unvertretbarkeit hin überprüfen. Dies hätte es allerdings auch sogleich tun<br />

können.<br />

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