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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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Kapitel 1: Das Pflichtverletzungsmerkmal im Kontext der Organuntreue<br />

Erlaubtheit einer Handlung des Vermögensbetreuers ein Pflichtwidrigkeitsurteil<br />

zwingend ausschließt <strong>und</strong> zweitens die Frage, ob die Verletzung einer außerstrafrechtlichen<br />

Norm nur notwendige oder ob sie bereits hinreichende Bedingung für<br />

eine Pflichtverletzung im Sinne der Untreue ist. 327 Während die erste Frage noch<br />

relativ unproblematisch beantwortet werden kann (dazu sogleich), bereitet die<br />

zweite Frage erhebliche dogmatische Probleme. Denn, ob der Handlungsunwert<br />

des Untreuetatbestandes schon allein durch die Verletzung außerstrafrechtlicher<br />

Pflichten verwirklicht ist oder ob zusätzliche strafrechtsspezifische Voraussetzungen<br />

erfüllt sein müssen, ist bislang ungeklärt geblieben.<br />

1. Negative Akzessorietät<br />

Theoretisch möglich wäre eine rein strafrechtliche Perspektive: Es könnte einen<br />

von der Untreuestrafbarkeit erfassten Bereich gesellschaftsrechtlich erlaubter<br />

Handlungen geben, so dass sich Strafrecht <strong>und</strong> Zivilrecht bildlich gesprochen wie<br />

zwei sich schneidende Kreise zueinander verhielten. 328 Der Begriff „erlaubt“ bedeutet<br />

in diesem Sinne, dass das Recht eine Handlungsweise explizit erlaubt oder<br />

dass es dem Handelnden wenigstens einen Handlungsspielraum gewährt, so dass<br />

er es unterlassen darf, bestimmte Gefahrquellen abzuschirmen bzw. ein Rechtsgut<br />

vor Schäden zu bewahren. 329 Bestünde keine negative Akzessorietät, könnte also<br />

das Ergreifen einer durch die Primärordnung gewährten Handlungsmöglichkeit<br />

gleichwohl strafrechtlich sanktioniert werden.<br />

Ein solches Modell lässt sich jedoch nicht aufrechterhalten <strong>und</strong> wird auch richtiger<br />

Weise nicht vertreten. Die außerstrafrechtliche Verbotenheit ist notwendige,<br />

wenn auch vielleicht nicht hinreichende Voraussetzung der Strafbarkeit. Ein außerstrafrechtlich<br />

erlaubtes Verhalten kann niemals eine Pflichtverletzung im Sinne<br />

der Untreue sein. Denn das verbietet schon der Gr<strong>und</strong>satz der Einheit <strong>und</strong> Widerspruchsfreiheit<br />

der Rechtsordnung. 330 Das Strafrecht darf nicht die Bestrafung<br />

einer primärrechtlich erlaubten Handlung vorsehen, da die Gesamtrechtsordnung<br />

dann in sich widersprüchlich wäre. Es bestünde auch überhaupt kein rechtliches<br />

Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung gesellschaftsrechtlich erlaubter Tätigkeiten.<br />

331 Zusätzlich verstieße eine Sanktionierung solcher erlaubten Verhaltensweisen<br />

gegen den Wortsinn des § 266 StGB, da dort ausdrücklich von der Verlet-<br />

327Letztere Frage wird im Kontext der sog. „gravierenden Pflichtverletzung“ ausdrücklich aufgeworfen<br />

von Kubiciel, NStZ 2005, S. 353 (354).<br />

328Siehe Brammsen, wistra 2009, S. 85 (87) <strong>und</strong> ders., ZIP 2009, S. 1504 (1506) jeweils m.w.N; Schünemann,<br />

NStZ 2006, S. 196 (199).<br />

329Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 41 m.w.N.<br />

330Beulke, in: FS-Eisenberg (2009), S. 245 (251); Bosch/Lange, JZ 2009, S. 225 (226); Brammsen, wistra<br />

2009, S. 85 (87) <strong>und</strong> ders., ZIP 2009, S. 1504 (1506) jeweils m.w.N.; Dierlamm, StraFo 2005, S. 397<br />

(398); Murmann, Untreue <strong>und</strong> Risikogeschäfte, demnächst in Jura; Saliger, HRRS 2006, S. 10 (14);<br />

ders., in: SSW, § 266 Rn. 31; Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 41; Schünemann, NStZ 2005, S.<br />

473 (474).<br />

331Schünemann, NStZ 2005, S. 473 (474).

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