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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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B) Fallgruppe 2: Abweichen von nach § 161 AktG angenommenen Bestimmungen<br />

Diese Sichtweise deckt sich auch mit der bisherigen einschlägigen Rechtsprechung.<br />

So stützte der BGH im zuvor angesprochenen Fall Kirch/Deutsche<br />

Bank sein Pflichtwidrigkeitsurteil nicht darauf, dass entgegen Ziffer 5.5.3 S. 1<br />

DCGK der Interessenkonflikt von Breuer verschwiegen wurde, sondern darauf,<br />

dass die in Bezug auf diese Bestimmung positive Entsprechenserklärung nicht<br />

umgehend korrigiert wurde. 1288 Dies entspricht auch der Linie der Rechtsprechung<br />

in den übrigen bisher aufgetauchten Fällen, denn auch hier wurde stets betont,<br />

dass die pflichtwidrige Handlung nicht die Abweichung von den angenommenen<br />

Kodexbestimmungen ist, sondern die Nichtkorrektur der Entsprechenserklärung.<br />

1289<br />

Eine aus § 161 AktG folgende Pflicht zur Einhaltung der eigenen<br />

Entsprechenserklärung existiert somit nicht. Damit ist eine Befolgungspflicht aber<br />

noch nicht gänzlich ausgeschlossen. Verkompliziert wird die Beantwortung der<br />

Frage der Bindungswirkung nämlich durch das sog. allgemeine Schädigungsverbot.<br />

Die Bejahung einer internen Pflicht, Empfehlungen, die man per<br />

Entsprechenserklärung angenommen hat, auch zu befolgen, wird nämlich des<br />

Öfteren auf folgende Überlegung gestützt: Die Sorgfalt des ordentlichen <strong>und</strong> gewissenhaften<br />

Geschäftsleiters wird, wie bereits festgestellt wurde, dahingehend<br />

verstanden, dass Organmitglieder den Vorteil der Gesellschaft wahren <strong>und</strong> Schaden<br />

von ihr abwenden müssen. Es könne der Gesellschaft aber leicht zum Nachteil<br />

gereichen, wenn nach außen hin eine Entsprechenserklärung abgegeben, in der<br />

Gesellschaft aber tatsächlich die Umsetzung der entsprechenden Kodexinhalte<br />

nicht sichergestellt wird. Insbesondere sei ein Verhalten, „bei dem im äußersten<br />

Fall die ausnahmslose Befolgung, sämtlicher Kodex-Empfehlungen erklärt, tatsächlich<br />

jedoch keine einzige Empfehlung befolgt wird“, geeignet, zu einem „hohen<br />

Ansehensverlust“ der Gesellschaft zu führen. Daher führe die<br />

Entsprechenserklärung zu einer internen Pflicht, die Empfehlungen auch zu befolgen<br />

<strong>und</strong> sogar zu einer Pflicht, interne Organisations- <strong>und</strong> Überwachungsmaßnahmen<br />

zur Sicherstellung der Befolgung zu ergreifen. 1290<br />

Hierzu ist wie folgt Stellung zu nehmen: Es ist richtig, dass das Auseinanderfallen<br />

von Entsprechenserklärung <strong>und</strong> tatsächlichem Verhalten in Bezug auf<br />

Kodexempfehlungen der Gesellschaft zum Schaden gereichen kann. Dass die<br />

Pflichtverletzung wirklich das dem Kodex widersprechende Verhalten, wäre auch nicht ganz einzusehen,<br />

warum man diesem Vorwurf durch Korrektur der Entsprechenserklärung soll entgehen<br />

können. Es wird allgemein für zulässig gehalten, die Entsprechenserklärung (teilweise) zu widerrufen<br />

<strong>und</strong> dann von den entsprechenden Kodexempfehlungen abzuweichen. Es ist aber schwierig nachzuvollziehen,<br />

wie sich die Organmitglieder durch eine Korrekturerklärung von Pflichten lösen können<br />

sollen, die sie gegenüber der Gesellschaft übernommen haben.<br />

1288Urteil des BGH vom 16.2.2009 - II ZR 185/07= BB 2009, S. 796 (798).<br />

1289Siehe etwa OLG München, Urteil vom 6.8.2008 – 7 U 5628/07=NZG 2009, S. 508 (509 f.); LG<br />

München I, Urteil vom 22. 11. 2007 - 5 HKO 10614/07=NZG 2008, S. 150 (151); Urteil des LG<br />

Krefeld vom 20. 12. 2006 - 11 O 70/06.<br />

1290Siehe zum Ganzen Lutter, ZHR 166 (2002), S. 523 (540).<br />

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