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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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<strong>Untersuchungshintergr<strong>und</strong></strong>, -<strong>ziel</strong> <strong>und</strong> -<strong>verfahren</strong><br />

Frage nach einer Pflichtverletzung aufzuwerfen ist, so dass Schadensersatz- <strong>und</strong><br />

Untreueprüfung deutliche Parallelen aufweisen. 72<br />

Spe<strong>ziel</strong>l im (wirtschafts-)strafrechtlichen Schrifttum wurde dem Kodex bisher<br />

wenig Aufmerksamkeit beigemessen, obwohl sich auch dort vereinzelt Überlegungen<br />

zu den strafrechtlichen Implikationen des Kodex finden lassen. 73 Erörterungen<br />

spe<strong>ziel</strong>l zur Frage der Auswirkung des Kodex auf den Untreuetatbestand sind<br />

besonders rar. 74 Dies mag zum einen daran liegen, dass der Kodex aufgr<strong>und</strong> seiner<br />

(vermeintlichen) Unverbindlichkeit als Anhaltspunkt für eine untreuerelevante<br />

Pflichtverletzung häufig nicht ernst genommen wird. So wird auch teilweise vertreten,<br />

dass eine Nichteinhaltung einer im Kodex formulierten Empfehlung überhaupt<br />

kein Haftungsrisiko darstellen kann. 75 Außerdem ist ein Gr<strong>und</strong> hierfür wohl<br />

die Verschränkung von Aktiengesellschaftsrecht <strong>und</strong> Strafrecht, welche insbesondere<br />

angesichts des weitgehend ungeklärten Verhältnisses von Untreuetatbestand<br />

<strong>und</strong> außerstrafrechtlichen Normen einerseits (Akzessorietät) <strong>und</strong> der relativen<br />

Ungeklärtheit der Auswirkungen des Kodex auf das Wirtschaftsrecht andererseits<br />

die Untreueprüfung im Zusammenhang mit dem Kodex komplex <strong>und</strong> unsicher<br />

erscheinen lässt. 76<br />

Dennoch sind erörterungsbedürftige Thesen zum Einfluss des Kodex auf die<br />

Untreuestrafbarkeit zu finden: So wird dem Kodex eine Bedeutung für die<br />

Untreuestrafbarkeit von Organmitgliedern insofern beigemessen, als dieser das<br />

Tatbestandsmerkmal der Pflichtwidrigkeit durch Ausstrahlung auf das für Vorstands-<br />

<strong>und</strong> Aufsichtsratsmitglieder geltende Pflichtenprogramm zu beeinflussen<br />

vermag: Im Einzelnen wird beispielsweise für möglich gehalten, dass aus einer<br />

positiven Entsprechenserklärung eine rechtlich bindende Konkretisierung der<br />

allgemeinen Sorgfaltspflicht von Vorstands- <strong>und</strong> Aufsichtsratsmitgliedern resultiert<br />

<strong>und</strong> hieraus eine Einflusswirkung auf das Tatbestandsmerkmal „Pflichtverlet-<br />

72Siehe Bosch/Lange, JZ 2009, S. 225: „überraschende Gemeinsamkeiten der beiden Haftungssysteme“.<br />

Dass eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung nicht ohne weiteres mit einer<br />

Pflichtverletzung i.S.d. § 266 StGB gleichgesetzt werden kann, wird noch zu erörtern sein.<br />

73Die Aufsätze von Schlitt, DB 2007, S. 326 <strong>und</strong> Schlösser/Dörfler, wistra 2007, S. 326; vor allem im<br />

Hinblick auf die Entsprechenserklärung werden die strafrechtlichen Implikationen des Kodex wenigstens<br />

gestriffen von Abram, ZBB 2003, S. 41 (46f.); Bachmann, WM 2002, S. 2137 (2141);<br />

Berg/Stöcker, WM 2002, S. 1569 (1579 f.); Borges, ZGR 2003, S. 508 (530); Claussen/Bröcker, DB 2002,<br />

S. 1199 (1205); Ettinger/Grützediek, AG 2003, S. 353 (359 f., 365 f.); Kiethe, NZG 2003, S. 559 (566);<br />

Schüppen, ZIP 2002, S. 1269 (1273) <strong>und</strong> Seibt, AG 2002, S. 249 (256).<br />

74Aufsatz von Schlösser/Dörfler, wistra 2007, S. 326.<br />

75Abram, NZG 2003, S. 307 (308); Körner, NZG 2004, S. 1148 (1149).<br />

76Bezeichnenderweise betonen Schlösser/Dörfler, wistra 2007, S. 326, dass die Diskussion der Konkretisierung<br />

der allgemeinen Sorgfaltspflicht von Vorstand <strong>und</strong> Aufsichtsrat durch die Vorgaben des<br />

Kodex sich „im Fluss“ befindet <strong>und</strong> dass die zivilrechtliche Haftung der Gesellschaftsorgane wegen<br />

eines Verstoßes gegen den Kodex äußerst umstritten ist <strong>und</strong> folgern hieraus, dass vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der ultima-ratio-Funktion des Strafrechts deshalb „größte Zurückhaltung“ bei der auf einen<br />

Kodexverstoß gestützten Begründung der Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 266 StGB geboten sei.<br />

Dies sei zumindest dann der Fall, wenn der Kodex nicht durch gesellschaftsinterne Regeln zu einem<br />

in der Aktiengesellschaft verbindlichen Standard geworden sei.

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