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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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D) Zusätzliche strafrechtsspezifische Voraussetzungen auf Sek<strong>und</strong>ärebene?<br />

eine Pflichtverletzung darstellt <strong>und</strong> es dürften nur „eindeutig unvertretbare Handlungsweisen“<br />

unter § 266 StGB fallen. 785<br />

All diese Bestrebungen zur Tatbestandsrestriktion sind begrüßenswert <strong>und</strong> sollen<br />

nicht in Abrede gestellt werden. Denn, dass der Vermögensinhaber eine gewisse<br />

Bandbreite an Entscheidungen gelten lassen muss, ergibt sich aus dem Einsatz<br />

eines Vermögensverwalters mit einem gewissen Entscheidungsspielraum <strong>und</strong> aus<br />

dem zuvor bereits angesprochenen Rechtsgr<strong>und</strong>satz der Fairness. All diese Einschränkungen<br />

werden aber schon von dem bereits auf Primärebene vorhandenen<br />

Beurteilungs- <strong>und</strong> Ermessensspielraum geleistet. Somit kann das<br />

Evidenzerfordernis nur eine Rolle spielen, wenn man es als Ausdruck für einen<br />

strafrechtlich zu gewährenden noch über den auf Primärebene bestehenden Spielraum<br />

hinausgehenden Freiraum ansieht. Angesichts der zuvor herausgearbeiteten<br />

Ergebnisse zum Ermessensspielraum fragt sich dann aber, welches Mehr an Freiheit<br />

das Strafrecht hier noch gewähren soll. Denn nur die Eingehung eines Risikos<br />

unter unverantwortlicher Überspannung der gebotenen unternehmerischen Risikobereitschaft<br />

kann überhaupt als Pflichtverletzung im Sinne des § 93 Abs. 1 S. 1<br />

AktG angesehen werden.<br />

Wollte das Strafrecht weiteren Raum gewähren, müsste also auch das völlig<br />

unverantwortliche Eingehen eines Risikos vom Pflichtverletzungsurteil frei bleiben,<br />

nur weil es zur Verfolgung von Gesellschaftszwecken erfolgte. Eine solche<br />

Restriktion geht allerdings zu weit <strong>und</strong> wird auch, soweit ersichtlich, nicht vertreten.<br />

Für sie könnte auch das Prinzip der Subsidiarität nicht ins Feld geführt werden.<br />

Denn das Eingehen derart hoher Risiken unter Einsatz treuhänderisch anvertrauten<br />

Vermögens erreicht, ohne dass noch etwas hinzukommen müsste, die<br />

Grenze des sozial Unerträglichen. Zur Absicherung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit<br />

sind die schon auf Primärebene vorhandenen Freiräume völlig<br />

ausreichend <strong>und</strong> das Strafrecht setzt sich durch die Anpassung an die Primärebene<br />

nicht der Gefahr aus, unternehmerischen Wagemut durch drohende strafrechtliche<br />

Sanktionierung zu ersticken. Somit ist ein Evidenzerfordernis auch in dieser<br />

die Strafbarkeit einschränkenden Funktion nicht anzuerkennen <strong>und</strong> scheidet insgesamt<br />

als strafrechtsspezifische Voraussetzung einer Pflichtverletzung im Sinne<br />

der Untreue aus.<br />

VI. Zwischenergebnis zur Akzessorietät <strong>und</strong> weitere Entgegnung auf das Verdikt<br />

der Verfassungswidrigkeit<br />

Nachdem nun auch der letzte mögliche strafrechtsspezifische Restriktionsansatz<br />

erörtert wurde, kann also schließlich die Frage nach dem Ausmaß der Akzessorietät<br />

des Pflichtverletzungsmerkmals beantwortet werden. Die These der bloß<br />

asymmetrischen Akzessorietät konnte nicht verifiziert werden. Jedenfalls bei der<br />

Organuntreue herrscht eine strikte Akzessorietät. Alle anzuerkennenden Ein-<br />

785Tiedemann, in: FS-Tröndle (1989), S. 319 (328).<br />

179

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