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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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B) Akzessorietät des Pflichtverletzungsmerkmals<br />

rechtliche Pflicht in schwerwiegender Weise verletzt wurde. 307 Denn dies habe die<br />

Konsequenz, dass der eigenständige Unrechtsgehalt des § 266 StGB geleugnet<br />

wird <strong>und</strong> dass auch nichtvermögensschützende außerstrafrechtliche Pflichten zu<br />

Unrecht am Schutz durch den Untreuetatbestand teilhaben (dazu unten Kap. 1 C<br />

I 3 <strong>und</strong> D II). Dies führe letztlich dazu, dass die Untreue zu Zwecken funktionalisiert<br />

werden kann, die über den Vermögensschutz weit hinausgehen. 308<br />

Die auf den ersten Blick gravierend erscheinenden Differenzen zwischen den<br />

Vertretern einer akzessorischen Perspektive <strong>und</strong> denen der eigenständig strafrechtlichen<br />

Begriffsbildung relativieren sich bei einem richtigen Verständnis der<br />

zivilrechtsakzessorischen Perspektive: Das Argument, dass durch die einseitige<br />

Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher Pflichten auch nichtvermögensschützende<br />

außerstrafrechtliche Pflichten zu Unrecht am Schutz durch den<br />

Untreuetatbestand teilhätten, steht einem primären Abstellen auf das außerstrafrechtliche<br />

Fachrecht nicht entgegen. Eine mit der Suche nach außerstrafrechtlichen<br />

Normen beginnende Interpretation lässt selbstverständlich Raum für Vorgaben,<br />

nach welcher Art von außerstrafrechtlicher Pflicht gesucht werden soll. Darin<br />

besteht ja gerade der sich an die Suche nach außerstrafrechtlichen Normen anschließende<br />

Filterungsprozess.<br />

So könnte man z.B. unter Umständen verlangen, dass nur solche außerstrafrechtlichen<br />

Pflichten in Frage kommen, die das Vermögen des Treugebers (unmittelbar)<br />

schützen sollen oder wenigstens für das Vermögen relevant sind. 309 Ob<br />

diese spe<strong>ziel</strong>le Einschränkung wirklich zu fordern ist, steht auf einem anderen<br />

Blatt <strong>und</strong> die Frage wird noch zu erörtern sein (siehe unten Kap. 1 D II). Zum<br />

„Herausfiltern“ kann es auch gehören, nur solche Pflichten für § 266 StGB ausreichen<br />

zu lassen, die in engem Zusammenhang mit der Vermögensbetreuungspflicht<br />

des Täters stehen. Auch das wird zu erörtern sein (siehe unten Kap. 1 D I).<br />

Welche Kriterien man im Einzelnen anwenden muss, ist auch durchaus unklar<br />

<strong>und</strong> umstritten.<br />

Dies hindert aber nicht eine Vorgehensweise, deren erster Schritt in der Berücksichtigung<br />

der Primärnormebene besteht. Es muss also nicht jede Primärpflicht<br />

zwangsläufig tauglicher Anknüpfungspunkt für den Pflichtverletzungsvorwurf<br />

sein können, sondern es ist möglich, dass der Untreuetatbestand bestimmte<br />

Anforderungen an Pflichten stellt, damit sie sich für eine solche Anknüpfung qualifizieren.<br />

Eine zivilrechtsakzessorische Ansicht geht nicht mit dem Vorhaben<br />

einher, dass die Voraussetzungen des § 266 StGB sich allein aus einseitiger Inkorporation<br />

außerstrafrechtlicher Normen ergeben sollen, sondern basiert lediglich<br />

307Kubiciel, NStZ 2005, S. 353 (357). So aber Kühl, § 266 Rn. 20b.<br />

308Kubiciel, NStZ 2005, S. 353 (357). Vgl. auch Brammsen, wistra 2009, S. 85 (87) <strong>und</strong> ders., ZIP 2009,<br />

S. 1504 (1506).<br />

309Vgl. Ransiek, ZStW 116 (2004), S. 634 (672): „Aus strafrechtlicher Sicht kann man zumindest<br />

festhalten, dass es sich bei Normen aus anderen Rechtsgebieten, die den Pflichtenumfang des § 266<br />

StGB bestimmen, um solche handeln muss, die überhaupt dem Schutz des Vermögens des Betreuten<br />

dienen, nicht um irgendwelche sonstigen Pflichten.“<br />

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