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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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Kapitel 1: Das Pflichtverletzungsmerkmal im Kontext der Organuntreue<br />

chen Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Strafgesetz die<br />

Strafnorm nur mittelbar das Schutzgesetz bildet, indem sie selbst eine Primärnorm<br />

zwar nicht enthält, sie aber voraussetzt. 282<br />

Es mag sein, dass dem Strafrecht in Bereichen, in denen es an einer hohen<br />

Dichte ausdrücklicher außerstrafrechtlicher Regelungen fehlt, die Funktion zukommt,<br />

der Handlungsfreiheit Grenzen zu setzen. 283 Dies könnte z.B. bei der<br />

Nichtanzeige geplanter Straftaten der Fall sein. Aber erstens lässt sich auch in<br />

diesen Fällen sagen, dass das Strafrecht die Verhaltensnormen nicht konstituiert,<br />

sondern voraussetzt <strong>und</strong> zweitens stellt ein vereinzeltes Abstellen auf „autonom<br />

strafrechtliche“ Ge- oder Verbotsnormen die gr<strong>und</strong>sätzlich akzessorische Natur<br />

des Strafrechts nicht in Frage. 284 Denn auch wenn ausnahmsweise eine Strafnorm<br />

selbst die Verhaltensanweisungen enthält, ist das beim ganz überwiegenden Teil<br />

der Übrigen nicht der Fall.<br />

Im Bereich der Strafbarkeit von Organmitgliedern von einer „strafrechtsgestaltenden<br />

Kraft des Gesellschaftsrechts“ zu sprechen 285 geht nicht weit genug. Das<br />

Gesellschaftsrecht gestaltet hier das Strafrecht nicht bloß, sondern ganz überwiegend<br />

dient das Strafrecht nur der Sanktionierung von Verhaltensnormen, die auf<br />

der Ebene des Gesellschaftsrechts liegen <strong>und</strong> inhaltlich völlig unabhängig vom<br />

Strafrecht sind. Die außerstrafrechtlichen Normen sind auch nicht nur „Erkenntnisquelle“<br />

<strong>und</strong> haben auch nicht nur einen „richtungsweisenden Charakter für die<br />

Statuierung der strafrechtlichen Verhaltensbestimmungen“. Sie sind vielmehr<br />

Rechtsquelle <strong>und</strong> enthalten selbst die Verhaltensbestimmung, an die das Strafrecht<br />

nur anknüpft, da es so etwas wie strafrechtliche Verhaltensbestimmungen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

nicht gibt.<br />

Somit geht es auch nicht weit genug, zu sagen, die Verhaltensnormen dürften<br />

„nicht von einem Rechtsgebiet zum anderen divergieren“ 286. Zu einer Divergenz<br />

kann es mangels eigener strafrechtlicher Verhaltensnormen schon gar nicht kommen.<br />

Die außerstrafrechtlich vorliegenden Wertentscheidungen sind im Rahmen<br />

der strafrechtlichen Würdigung nicht nur zu berücksichtigen 287, sondern unmittelbar<br />

zu übernehmen. Das Strafrecht ist somit nicht eigentlich in der „Selektion <strong>und</strong><br />

Begründung strafwürdiger <strong>und</strong> strafbedürftiger Verhaltensweisen“ selbständig. 288<br />

Denn es kann bei der Sanktionierung von Verhaltensweisen gr<strong>und</strong>sätzlich nur aus<br />

denjenigen wählen, die auf Primärebene verboten sind <strong>und</strong> an die Verletzung des<br />

außerstrafrechtlich schon feststehenden Verhaltensnormverstoßes eine eigene<br />

strafrechtliche Rechtsfolge knüpfen.<br />

282Deutsch, in: FS-Schreiber (2003), S. 43 ff.; Lüderssen, in: FS-Eser, 2005, S. 163 (169).<br />

283Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 39.<br />

284Lüderssen, in: FS-Eser (2005), S. 169; Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 40.<br />

285Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 40.<br />

286Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 42.<br />

287Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 41.<br />

288Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 41 f.

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