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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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Kapitel 1: Das Pflichtverletzungsmerkmal im Kontext der Organuntreue<br />

prüft wird. 206 Deshalb wird in dieser Untersuchung auch nicht zwischen den Begehungsformen<br />

unterschieden, sondern schlicht von einer Pflichtverletzung bzw.<br />

von Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB gesprochen.<br />

Vorstandsmitglieder sind vermögensbetreuungspflichtig, weil sie primär zum<br />

Nutzen des Vermögensinhabers AG in eigener Verantwortung (§ 77 AktG) mit<br />

einem erheblichen Entscheidungsspielraum (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) in fremden<br />

Vermögensangelegenheiten tätig werden. Für Aufsichtsratsmitglieder kann ebenfalls<br />

unproblematisch von einer Vermögensbetreuungspflicht gesprochen werden.<br />

207 Zwar leitet der Aufsichtsrat nicht die AG, sondern kontrolliert vor allem<br />

die ordnungsgemäße Ausführung dieser Aufgabe durch den Vorstand. Im Rahmen<br />

seiner Überwachungsaufgabe nach § 111 Abs. 1 AktG ist aber auch der Aufsichtsrat<br />

mit Befugnissen ausgestattet, die ihm eine große Entscheidungsfreiheit<br />

<strong>und</strong> Selbstständigkeit eröffnen. 208 Zudem ist die faktische Herrschaftsmacht ihm<br />

zu fremdnützigen Zwecken eingeräumt <strong>und</strong> ihre Wahrnehmung ist gerade seine<br />

Hauptaufgabe als Organ. Auch im Rahmen der Kontrollaufgabe <strong>und</strong> nicht nur bei<br />

ausnahmsweiser Geschäftsleitung durch den Aufsichtsrat sind seine Mitglieder<br />

also unproblematisch vermögensbetreuungspflichtig im Sinne der Untreue. 209<br />

Insbesondere liegt der Anhaltspunkt „Entscheidungsspielraum“ vor, obwohl die<br />

Aufsichtsratsmitglieder im Einzelfall gesetzlich dazu verpflichtet sein können,<br />

gegen Fehlentwicklungen einzuschreiten (dazu unten Kap. 1 C II). Denn sie müssen<br />

eigenständig anhand der einschlägigen Rechtsnormen beurteilen, ob ein Einschreiten<br />

geboten ist <strong>und</strong> vor allem selbst entscheiden, welche Mittel sie zur Abwendung<br />

von Schäden ergreifen.<br />

IV. Der Erfolgsunwert der Untreue: Der Vermögensnachteil<br />

Neben der Pflichtverletzung als tatbestandsmäßiger Handlung ist der Vermögensnachteil<br />

als tatbestandsmäßiger Erfolg zentrale Voraussetzung für die<br />

Untreuestrafbarkeit. Dieses Erfordernis ergibt sich aus dem Passus: „…<strong>und</strong> dadurch<br />

dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt…“.<br />

Hier zeigt sich, dass nur das Vermögen Schutzgut der Untreue ist. Der Begriff des<br />

Vermögensnachteils ist daher auch gleichbedeutend mit dem des Schadens in §<br />

263 StGB. 210 Somit bedeutet Vermögen in diesem Sinne die Summe aller geldwer-<br />

206Die für die hier allein interessierende Organuntreue mangelnde Relevanz der Frage, ob Missbrauchs-<br />

oder Treubruchsuntreue vorliegt, betont Ransiek, ZStW 116 (2004), S. 634 (635). Damit soll<br />

nicht gesagt werden, dass bei einem Vorwurf offengelassen werden kann, welche Variante dem Täter<br />

vorgeworfen wird. Gegen letztere Praxis spricht sich Schilha, Aufsichtsratstätigkeit, S. 222 aus.<br />

207BGHSt 50, 331 (335 f.) („Fall Mannesmann“).<br />

208Brammsen, ZIP 2009, S. 1504 (1505); Tiedemann, in: FS-Tröndle (1989), S. 319 (322).<br />

209BGHSt 47, 187 (201) („SSV-Reutlingen“); Brammsen, ZIP 2009, S. 1504 (1505); Fischer, § 266 Rn.<br />

48; Mosiek, wistra 2003, S. 370 (374).<br />

210BGHSt 15, 342 (343 f.); Adick, HRRS 2008, S. 460 (461); Beulke, in: FS-Eisenberg (2009), S. 245<br />

(258); Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266 Rn. 178; Fischer, § 266 Rn. 110; Kühl, § 266 Rn. 17;<br />

Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 39; Samson/Günther, in: SK-StGB, § 266 Rn. 41;

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