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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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A) <strong>Untersuchungshintergr<strong>und</strong></strong> 23<br />

gabenerfüllung dadurch bringen, dass sie ihr Verhalten weitgehend offen legen<br />

müssen. Nehmen sie ihr Amt besonders sorgfältig wahr, sollen sie mit einer positiven<br />

Reaktion des hierüber informierten Kapitalmarktes rechnen können, welche<br />

dann der AG zugute kommt. Fehlverhalten soll dadurch bekämpft werden, dass<br />

die Organmitglieder hiervon gerade wegen der Verpflichtung zur Transparenz<br />

schon von sich aus, also in gewisser Hinsicht freiwillig, Abstand nehmen.<br />

Der rechtliche Anknüpfungspunkt des Kodex ist die Vorschrift des § 161<br />

AktG 53, welche die Organmitglieder börsennotierter Aktiengesellschaften verpflichtet,<br />

jährlich zu erklären, inwiefern die Empfehlungen des Kodex in der Gesellschaft<br />

befolgt werden <strong>und</strong> nicht etwa die Befolgung dieser Bestimmungen<br />

ausdrücklich vorschreibt. Der Kodex ist auf diese für unser Rechtssystem zumindest<br />

ungewöhnliche Weise mit dem für Vorstand <strong>und</strong> Aufsichtsrat geltenden<br />

Wirtschaftsrecht verknüpft, welches wiederum eng mit dem Untreuetatbestand<br />

verflochten ist. Dass über diese Verknüpfung der Kodex mittelbar für das<br />

Untreuestrafbarkeitsrisiko relevant sein kann, wird man zugeben müssen. Dabei<br />

muss man sich vergegenwärtigen, dass es bei der Frage nach der Untreuerelevanz<br />

des Kodex nicht lediglich um dogmatische Probleme des Untreuestrafrechts geht.<br />

Im Gegenteil: In erster Linie ist hier die Ebene der vom Strafrecht zumeist vorausgesetzten<br />

Ebene der Verhaltensnormen 54 betroffen. Es geht also im Ergebnis<br />

nicht nur um das Strafbarkeitsrisiko bzw. um das Herausarbeiten von tatbestandsmäßigem<br />

Verhalten, sondern um das Pflichtverletzungsrisiko bzw. das Herausarbeiten<br />

von gegenüber der Aktiengesellschaft pflichtwidrigem Verhalten der<br />

Organmitglieder.<br />

Der Kodex wird üblicherweise als zwischen Aktien- <strong>und</strong> Kapitalmarktrecht<br />

eingebettetes 55 „soft-law“ bezeichnet <strong>und</strong> nimmt z.B. die Beziehungen des Vorstands<br />

zum Aufsichtsrat, die Rechte der Hauptversammlung der AG, die kapitalmarktrechtlichen<br />

Publizitätspflichten <strong>und</strong> die Rechnungslegung in den Blick. In<br />

erster Linie richtet er sich an börsennotierte Aktiengesellschaften. 56 Börsennotiert<br />

i.S.d. Aktiengesetzes sind nach § 3 Abs. 2 AktG Gesellschaften, deren Aktien zu<br />

einem Markt zugelassen sind, der von staatlich anerkannten Stellen geregelt <strong>und</strong><br />

überwacht wird, regelmäßig stattfindet <strong>und</strong> für das Publikum mittelbar oder unmittelbar<br />

zugänglich ist. Erfasst sind also in erster Linie Aktiengesellschaften 57,<br />

53 Eingeführt durch das Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- <strong>und</strong> Bilanzrechts, zu Transparenz<br />

<strong>und</strong> Publizität (TransPuG) vom 19. 07. 2002 (BGBl. 2002, I, S. 2681).<br />

54Dazu unten (Kap. 1 B). Zu diesem normtheoretischen Konzept: Murmann, Untreue <strong>und</strong> Risikogeschäfte,<br />

demnächst in Jura <strong>und</strong> umfassend ders., Die Selbstverantwortung des Opfers im Strafrecht<br />

(2003), S. 307 ff.<br />

55Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2. C. Rn. 7.<br />

56Vgl. die Präambel des Kodex, Abs. 10 S. 1.<br />

57Zwar können auch Kommanditgesellschaften auf Aktien <strong>und</strong> Gesellschaften in der Form der<br />

societas europae an der Börse notiert sein, aber auf diese Gesellschaftsformen soll vorliegend nicht<br />

eingegangen werden. Der Kodex ist auf die Aktiengesellschaft zugeschnitten <strong>und</strong> spricht fast ausschließlich<br />

Vorstand <strong>und</strong> Aufsichtsrat an. Welche Unterschiede sich im Einzelnen für andere bör-

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