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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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Kapitel 1: Das Pflichtverletzungsmerkmal im Kontext der Organuntreue<br />

weitgehende Sanktionierung von Pflichtverletzungen der „Spitzenmanager“ keinesfalls<br />

abwegig ist. Bevor man ein strikt akzessorisches Modell pauschal ablehnt,<br />

muss man sich außerdem vergegenwärtigen, dass einem hohen Strafbarkeitsrisiko<br />

bei solchen Führungskräften meist sehr stattliche finan<strong>ziel</strong>le Bezüge gegenüberstehen<br />

<strong>und</strong> dass von Vorstands- <strong>und</strong> Aufsichtsratsmitgliedern auch durchaus umfangreiche<br />

Rechtskenntnisse erwartet werden dürfen. Letzteres ergibt sich schon<br />

daraus, dass das Gewährleisten rechtskonformen Verhaltens innerhalb der Aktiengesellschaften<br />

gerade eine der beruflichen Hauptaufgaben von Managern ist.<br />

Ob die Bedenken gegen ein strikt akzessorisches Modell berechtigt sind, muss also<br />

noch verifiziert werden.<br />

b) Asymmetrische Akzessorietät<br />

Die letzte theoretische Möglichkeit bildet eine nur negativ, aber nicht positiv, oder<br />

auch „asymmetrisch“ 335 akzessorische Perspektive. Bildlich gesprochen verhalten<br />

sich bei einer solchen außerstrafrechtliche (gesellschaftsrechtliche) Pflichtwidrigkeit<br />

<strong>und</strong> Pflichtwidrigkeit im Sinne der Untreue wie konzentrische Kreise, deren<br />

inneren Kreis die Pflichtwidrigkeit im Sinne der Untreue bildet. Dieses Modell<br />

findet im Schrifttum überwiegend Zustimmung. 336<br />

Der insoweit vorliegende Konsens ist allerdings trügerisch. Denn hinter dem<br />

Schlagwort der asymmetrischen oder lediglich negativen Zivilrechtsakzessorietät<br />

<strong>und</strong> der eingehenden Vorstellung, das strafrechtlich sanktionierte Verhalten bilde<br />

den inneren von zwei konzentrischen Kreisen, verbirgt sich eine Ansammlung<br />

heterogener Ansätze zur Tatbestandsrestriktion bei der Untreue. Teilweise ist<br />

hiermit gemeint, dass zusätzlich zur gesellschaftsrechtlichen Pflichtwidrigkeit eine<br />

strafrechtliche Höhenmarke übersprungen werden muss337, wobei wiederum teils<br />

mit dem Begriff „gravierende Pflichtverletzung“ 338 <strong>und</strong> teils mit dem Begriff<br />

„Evidenz“ 339 gearbeitet wird.<br />

Andere meinen mit der Chiffre der asymmetrischen Akzessorietät hingegen,<br />

dass die Verletzung einer gesellschaftsrechtlichen Primärnorm nur dann eine<br />

Pflichtverletzung im Sinne der Untreue begründet, wenn die Norm primär den<br />

335Beulke, in: FS-Eisenberg (2009), S. 245 (252); Dierlamm, in: MüKo-AktG, § 266 Rn. 153; ders.,<br />

StraFo 2005, S. 397 (398); Günther, in: FS- Weber (2004), S. 311 (314); Lüderssen in: FS-Eser (2005), S.<br />

163 (170); Saliger, in: SSW, § 266 Rn. 31.; Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 42.<br />

336Beulke, in: FS-Eisenberg (2009), S. 245 (252); Brammsen, wistra 2009, S. 85 (87); ders., ZIP 2009, S.<br />

1504 (1506); Günther, in: FS-Weber (2004), S. 311 (314); Matt, NJW 2005, S. 389 (390); Mosiek,<br />

wistra 2003, S. 370 (373); Rönnau/Hohn, NStZ 2004, S. 113 (118); Tiedemann, in: FS-Weber (2004), S.<br />

319 (323 ff.); Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften (1997), S. 73 f. Siehe auch Schünemann, NStZ<br />

2006, S. 196 (199), der diese Einschränkung jedoch dadurch relativiert, dass er im Falle der Verletzung<br />

einer strafrechtlich irrelevanten Verhaltensnormverletzung eine Folgerung der Pflichtwidrigkeit<br />

aus dem Vermögensnachteil zulassen will.<br />

337Brammsen, wistra 2009, S. 85 (88).<br />

338Brammsen, wistra 2009, S. 85 (88).<br />

339Lüderssen, in: FS-Schroeder (2007), S. 569 (577).

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