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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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A) Fallgruppe 1: Abweichen von nicht nach § 161 angenommenen Bestimmungen<br />

eine solche Wirkung abzulehnen. Halten die Organmitglieder die Bestimmungen<br />

des Kodex ein, wird nicht vermutet, dass sie die Sorgfalt eines ordentlichen <strong>und</strong><br />

gewissenhaften Organmitglieds haben walten lassen. 1251<br />

III. Bloße Berücksichtigung als Anhaltspunkt zur Beantwortung von Rechtsfragen<br />

Im Schrifttum findet sich häufig die Aussage, die Abweichung vom Kodex könne<br />

ein Indiz für einen Verstoß gegen die Sorgfalt des ordentlichen <strong>und</strong> gewissenhaften<br />

Organmitglieds <strong>und</strong> seine Befolgung ein Indiz für die Einhaltung eben dieser<br />

Sorgfalt darstellen. 1252 Das scheint darauf zu beruhen, dass eine echte Bindungswirkung<br />

des Kodex ganz überwiegend als falsch empf<strong>und</strong>en wird, dass aber eine<br />

völlige normative Wirkungslosigkeit des Kodex die Bemühungen der Regierung<br />

<strong>und</strong> des Gesetzgebers in Bezug auf den Kodex <strong>und</strong> die Erklärungspflicht geradezu<br />

als sinnlos erscheinen lässt. 1253 Von einer Indizwirkung zu sprechen, ist allerdings<br />

problematisch. Denn bei der Frage, was die Sorgfalt eines ordentlichen <strong>und</strong> gewissenhaften<br />

Organmitglieds verlangt, handelt es sich um eine Rechtsfrage, nicht um<br />

eine Tatfrage. Die von Organmitgliedern börsennotierter Aktiengesellschaften<br />

einzuhaltenden Pflichten bilden ein normatives Verhaltensprogramm. Faktisches<br />

spielt hier, wie bereits angesprochen, nur mittelbar eine Rolle. Es wurde bereits<br />

herausgearbeitet, dass die Frage, was der in den §§ 93 Abs. 1 S. 1, 116 S. 1 AktG<br />

angesprochenen Sorgfalt entspricht, nicht allein durch den Kodex beantwortet<br />

werden kann <strong>und</strong> dass diese Wertung auch nicht durch eine Vermutung vereinfacht<br />

werden soll. Keinesfalls darf die Nichtbefolgung des Kodex ohne weiteres<br />

mit Pflichtwidrigkeit gleichgesetzt werden. 1254 Dies ergibt sich schon aus der Existenz<br />

des im Rahmen dieser Untersuchung bereits erörterten Handlungsspielraums<br />

der Organmitglieder. Da eine strikte Kodexbindung im Zusammenspiel mit der<br />

unkritischen Übernahme der Kodexwertungen diesen Spielraum konterkarieren<br />

würde, ist insoweit Zurückhaltung geboten.<br />

Allerdings fehlt es für die Beantwortung der angesprochenen Rechtsfrage häufig<br />

an trennscharfen Kriterien. Es muss im Wege einer Gesamtabwägung mit besonderer<br />

Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls ermittelt werden, welche<br />

Anforderungen an die Organmitglieder zu stellen sind. In erster Linie wird man<br />

sich hierfür mit Kommentierungen zu den §§ 93 Abs. 1 S. 1 <strong>und</strong> 116 S. 1 AktG<br />

auseinandersetzen <strong>und</strong> den Meinungsstand in Schrifttum <strong>und</strong> Rechtsprechung zur<br />

1251Erst recht abzulehnen ist eine Vermutung pflichtwidrigen Verhaltens für den Fall, dass dem<br />

Kodex nicht gefolgt wurde. Dies würde dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich zuwider laufen,<br />

da es einer Verweisung auf den Kodex weitgehend gleichkäme. Zudem könnte sich eine solche<br />

Wirkung noch nicht einmal auf eine Analogie zu § 342 HGB stützen. Siehe dazu Bachmann, WM<br />

2002, S. 2137 (2139).<br />

1252Hanfland, Haftungsrisiken (2006), S. 92; Lutter, ZHR 166 (2002), S. 523 (542); Schlitt, DB 2007, S.<br />

326 (327).<br />

1253Hanfland, Haftungsrisiken (2006), S. 94.<br />

1254Siehe Heck, Haftungsrisiken (2006), S. 53.<br />

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