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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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E) Der Kodex im Zusammenspiel mit § 161 AktG<br />

rungspflicht publik zu machende Corporate Governance Praxis eines Unternehmens<br />

von jedermann gemessen werden kann. Den Kapitalmarktteilnehmern steht<br />

es frei, hiervon abzusehen <strong>und</strong> das Verhalten der Organmitglieder an anderen<br />

Maßstäben, wie etwa anderen Kodizes oder hauseigenen Corporate Governance<br />

Standards zu messen. Diese Bewertung nehmen sie selbst vor, nachdem sie durch<br />

§ 161 AktG mit den nötigen Informationen versorgt wurden. Vom Gesetzgeber<br />

selbst geht eine solche Wertung hingegen nicht aus.<br />

3. Normative Befolgungspflicht aufgr<strong>und</strong> faktischen Befolgungsdrucks?<br />

Zu einem anderen Ergebnis könnte man kommen, wenn sich aus der Möglichkeit<br />

negativer Reaktionen des Kapitalmarkts mittelbar eine Pflicht der Organmitglieder<br />

ergeben würde, den Kodex einzuhalten. Wäre dies der Fall, müsste jede Abweichung<br />

vom Kodex schon allein deshalb als Verstoß gegen die Sorgfalt eines ordentlichen<br />

<strong>und</strong> gewissenhaften Organmitglieds gelten, weil die zuvor dargestellten,<br />

für die Gesellschaft nachteiligen Reaktionen des Kapitalmarkts drohen. Dies ist<br />

auf den ersten Blick nahe liegend. Denn zur nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG gebotenen<br />

Sorgfalt gehört es, den Vorteil der Gesellschaft zu wahren <strong>und</strong> Schäden von<br />

ihr abzuwenden. Zu diesen abzuwendenden Schäden könnte auch die vom Gesetzgeber<br />

antizipierte „Sanktionierung“ durch den Kapitalmarkt zählen. Auf die<br />

normative Ausstrahlungskraft der Kodexbestimmungen auf den für Organmitglieder<br />

geltenden Sorgfaltsmaßstab käme es dann nicht mehr an.<br />

Eine solche Sichtweise überzeugt allerdings im Ergebnis nicht. Die Reaktion<br />

des Marktes ist lediglich ein Reflex. Primärer Schutzzweck des Kodex ist es, die<br />

gute Unternehmensführung um ihrer selbst Willen zu fördern. Die Vermeidung<br />

von Rechtsreflexen ist keine Methode des Rechts. Aus dem Sorgfaltsmaßstab des<br />

ordentlichen <strong>und</strong> gewissenhaften Geschäftsleiters kann eine Pflicht zur Einhaltung<br />

des Kodex nicht gefolgert werden. Denn die Abweichung vom Kodex ist vollständig<br />

durch § 161 AktG legalisiert, solange sie offen gelegt wird. Da es sich also<br />

dabei um eine rechtmäßige Maßnahme handelt, besteht für die Entscheidung, dem<br />

Kodex nicht zu folgen, ein unternehmerischer Beurteilungs- <strong>und</strong> Ermessensspielraum.<br />

Daher kann eine Befolgungspflicht auch nicht aus einem allgemeinen Schädigungsverbot<br />

abgeleitet werden. Denn Schädigungen des Gesellschaftsvermögens<br />

sind nur dann Pflichtverletzungen, wenn sie entweder gegen Rechtsnormen verstoßen<br />

oder die kaufmännisch gebotene Risikobereitschaft in völlig unvertretbarer<br />

Weise überschreiten.<br />

Letzteres kann jedoch bei einer offen gelegten Abweichung vom Kodex nicht<br />

angenommen werden. Dass eine vom Kodex abweichende Corporate Governance<br />

Praxis gewählt wird, kann zwar nachteilige Reaktionen des Kapitalmarktes mit sich<br />

bringen. Aber eine solche Praxis kann auch Vorteile haben. So kann z. B. mit<br />

einem fehlenden Abfindungs-Cap eine höhere Chance verb<strong>und</strong>en sein, fachlich<br />

besonders qualifizierte Manager für das Unternehmen zu gewinnen. Dasselbe gilt<br />

für den Abschluss von D&O Versicherungen ohne Selbstbehalt. Durch den Ver-<br />

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