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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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Kapitel 1: Das Pflichtverletzungsmerkmal im Kontext der Organuntreue<br />

S. 1 AktG genannte Sorgfalt angewandt haben. Eine Haftungsmilderung, etwa<br />

durch Vertrag, ist nicht zulässig. 354<br />

Die Präventionseffizienz dieser Haftung ist jedoch zweifelhaft. Insbesondere<br />

ist die Haftung nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG kein sonderlich effektives Mittel zum<br />

Schutz der Gesellschaft vor Pflichtverletzungen der Vorstandsmitglieder. 355 Dieser<br />

Vermögensschutz leidet vor allem an einer in der deutschen Aktiengesellschaftsverfassung<br />

angelegten Verschränkung der Interessen von Vorstands- <strong>und</strong> Aufsichtsratsmitgliedern:<br />

Der Aufsichtsrat hat zwar bei Pflichtverletzungen durch den<br />

Vorstand Schadensersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder für die Gesellschaft<br />

geltend zu machen. Tut er dies, wird aber oft der Vorwurf gegen ihn selbst<br />

erhoben werden, er hätte durch pflichtgemäßes Erfüllen seiner Kontrollaufgabe<br />

die Pflichtverletzung verhindern können. 356 Außerdem besteht auch in personeller<br />

Hinsicht eine erhebliche Verflechtung der Organe Aufsichtsrat <strong>und</strong> Vorstand, was<br />

in erster Linie dadurch bedingt ist, dass Aufsichtsratsmitglieder häufig ehemalige<br />

Vorstandsmitglieder sind. 357 Gerade hierin kommt also die Schutzlosigkeit des<br />

Treugebers gegenüber dem Treunehmer zum Ausdruck, was im Hinblick auf das<br />

bei der Untreuedebatte immer wieder genannte ultima-ratio-Prinzip zu beachten<br />

ist: Hier liegt eine Situation vor, in der der Rechtsgüterschutz ohne Strafrecht<br />

anscheinend nicht hinreichend gewährleistet ist. 358<br />

Bedeutsam für die hier anzustellenden Überlegungen ist, dass die Haftung der<br />

Vorstandsmitglieder nur eintritt, wenn eine Schädigung im Zusammenhang mit<br />

dem dienstlichen Handeln geschieht, wenn die schädigende Handlung sich also als<br />

Ausübung der Organfunktion darstellt. 359 Handlungen, die zum Beispiel der privaten<br />

Sphäre zuzuordnen sind <strong>und</strong> nicht in Zusammenhang mit der Organfunktion<br />

stehen, sind schon keine Pflichtverletzungen im Organverhältnis. 360<br />

354Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 4; Krieger/Sailer, in: Schmidt/Lutter, § 93 Rn.4; Mertens/Cahn,<br />

in: Köln. Komm.-AktG, § 93 Rn. 8.<br />

355Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 2: „Achillesferse der deutschen Corporate Governance“<br />

m.w.N.; siehe auch Mertens/Cahn, in: Köln. Komm.-AktG, § 93 Rn. 7; Thole, ZHR 173 (2009), S. 504<br />

(507).<br />

356Bosch/Lange, JZ 2009, S. 225 (226); Raiser/Veil, § 14 Rn. 97; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 2.<br />

357Vgl. Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 30 Fn. 12.<br />

358Hinzu kommt, dass Schadensersatzansprüche gegen die Organmitglieder gegebenenfalls durch<br />

D&O Versicherungen abgedeckt sind, was die Abschreckungswirkung der Schadensersatzpflicht<br />

zusätzlich schmälert. Siehe Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 31. Allerdings wird betont, dass<br />

die Abschreckungswirkung hier durch wenigstens nicht vollständig aufgehoben werde. Siehe Mertens/Cahn,<br />

in: Köln. Komm.-AktG, § 93 Rn. 244; Schilha, Aufsichtsratstätigkeit (2008), S. 31 Fn. 17;<br />

Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 181. Durch einen Selbstbehalt kann dieser Effekt zwar vermindert,<br />

aber nicht vollständig verhindert werden. Siehe differenzierend Mertens/Cahn, in: Köln.<br />

Komm.-AktG, § 93 Rn. 244 <strong>und</strong> Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 181.<br />

359Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 190; Mertens/Cahn, in: Köln. Komm.-AktG, § 93 Rn. 65.<br />

360Mertens/Cahn, in: Köln. Komm.-AktG, § 93 Rn. 65.

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