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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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D) Zusätzliche strafrechtsspezifische Voraussetzungen auf Sek<strong>und</strong>ärebene?<br />

„gravierende Pflichtverletzung“ zu einer bloßen Krücke der Einzelfallgerechtigkeit<br />

zu werden <strong>und</strong> Billigkeitserwägungen im Einzelfall weitgehend zu fördern.<br />

Besonders problematisch ist das vom BGH genannte Kriterium der „Unangemessenheit<br />

in Anbetracht der Vermögenslage“. In der Tat führt es zu dem Ergebnis,<br />

dass man ein besonders großes Vermögen straflos schädigen könnte <strong>und</strong><br />

ist damit unhaltbar 761, <strong>und</strong> zwar erstens wegen § 266 Abs. 2 i.V.m. § 248a StGB,<br />

der bei geringen Schäden nur ein Strafantragserfordernis <strong>und</strong> keinen Strafbarkeitsausschluss<br />

statuiert <strong>und</strong> § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB,<br />

der bei hohen Schäden schon eine Strafverschärfung nach sich ziehen kann 762,<br />

<strong>und</strong> zweitens wegen des Wertungswiderspruchs mit der Kriminalisierung der Zueignung<br />

geringwertiger <strong>und</strong> sogar wertloser Sachen 763. Die Unhaltbarkeit des Kriteriums<br />

zeigt sich auch in der Anwendung durch das LG Düsseldorf im „Fall-<br />

Mannesmann“, welches bei Zahlungen von mehr als 50 Millionen Euro die<br />

Pflichtwidrigkeit mit dem Argument verneinte, die Ertrags- <strong>und</strong> Vermögenslage<br />

von Mannesmann sei zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Vergütung<br />

sehr gut gewesen. 764<br />

Gegen den Kriterienkatalog spricht auch, dass durchaus Fälle konstruierbar<br />

sind, bei denen die Strafwürdigkeit eindeutig erscheint, aber mehrere Kriterien<br />

nicht erfüllt sind. 765<br />

Die Einschränkung des Untreuetatbestandes auf gravierende Pflichtverletzungen<br />

durch den BGH ist im Schrifttum weitgehend positiv aufgenommen worden.<br />

766 Auch wenn eine restriktive Auslegung des Untreuetatbestands gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

wünschenswert ist, darf dem Kriterium der gravierenden Pflichtverletzung<br />

allerdings nicht unreflektiert beigepflichtet werden. 767<br />

V. Beschränkung auf evidente Fehlentscheidungen?<br />

Ebenso verbreitet wie die Beschränkung auf gravierende Pflichtverletzungen sind<br />

Restriktionsansätze, denen zufolge eine Entscheidung des Treunehmers evident<br />

unrichtig sein muss. 768 Allerdings sind erhebliche Unklarheiten dadurch entstanden,<br />

dass der Begriff der Evidenz in diesem Zusammenhang, ähnlich wie derjeni-<br />

761Vgl. Brammsen, wistra 2009, S. 85 (88); ders., ZIP 2009, S. 1504 (1507).<br />

762Brammsen, wistra 1009, S. 85 (88); ders., ZIP 2009, S. 1504 (1507); Saliger, HRRS 2006, S. 10 (19);<br />

Schünemann, NStZ 2005, S. 473 (475).<br />

763Schünemann, NStZ 2005, S. (473) 475.<br />

764LG Düsseldorf, NJW 2004, S. 3275 (3281 f.) („Fall Mannesmann“).<br />

765Siehe Samson, in: Walz, Non Profit Law Yearbook (2004), S. 233 (238 ff.): Der Vorstandsvorsitzende<br />

einer AG mit außerordentlich guter Ertrags- <strong>und</strong> Vermögenslage schenkt seinem Bruder eine<br />

Million Euro aus dem Gesellschaftsvermögen unter Zustimmung des übrigen Vorstands <strong>und</strong> unter<br />

Einhaltung des Verfahrens.<br />

766Beulke, in: FS-Eisenberg (2009), S. 245 (254).<br />

767Gegen ein Beipflichten aus einem „dumpfen Gefühl heraus“ Schünemann, NStZ 2005, S. 473 (475).<br />

768Beulke, in: FS-Eisenberg (2009), S. 245 (254); Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266 Rn. 204;<br />

Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 20; Tiedemann, in: FS-Tröndle (1989), S. 319 (328).<br />

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