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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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A) Stellung <strong>und</strong> Funktion des Pflichtverletzungsmerkmals<br />

rechtliche Rechtsgüterschutz auf eine bestimmte „Rechtsgutsflanke“ 134. Der durch<br />

Schädigungen „von innen heraus“ angreifbare Teil sollte im Fall der Untreue jedoch<br />

einen möglichst lückenlosen Schutz erhalten. Dieser universellen Ausrichtung<br />

muss die Erfassung des Pflichtverletzungsmerkmals Rechnung tragen.<br />

3. Gleichwertigkeit von Tun <strong>und</strong> Unterlassen bei § 266 StGB<br />

Sowohl Missbrauch als auch Treubruch können durch Unterlassen verwirklicht<br />

werden. Während ein Missbrauch durch Unterlassen jedoch, abgesehen von umstrittenen<br />

Ausnahmefällen, nach ganz überwiegender Meinung nur dann in Frage<br />

kommt, wenn einem Nichtstun ausnahmsweise rechtsgeschäftlicher Erklärungswert<br />

zukommt135, ist die „Domäne“ des Treubruchs das Unterlassen. 136 Die Funktion<br />

des Pflichtverletzungsmerkmals besteht zu einem ganz wesentlichen Teil auch<br />

in der strafrechtlichen Bewertung von Unterlassungen. Denn es bestehen deutliche<br />

Parallelen der Untreue zu den unechten Unterlassungsdelikten i.S.v. § 13<br />

StGB. Aus der Herrschaftsmacht des Täters folgt in vielen Fällen die Sanktionierung<br />

von Handlungspflichten, so dass ein Nichtstun häufig nicht ausreicht, um<br />

dem Untreuevorwurf zu entgehen.<br />

Denn der Treugeber gibt sein Vermögen meist nur dann aus der Hand, wenn<br />

er die Erhaltung <strong>und</strong> Mehrung seines Vermögens anderen als Aufgabe übertragen<br />

will <strong>und</strong> von ihnen gerade aktives Tätigwerden erwartet. Bei der juristischen Person<br />

Aktiengesellschaft wird diese Interessenlage besonders deutlich. Das Nichtwahrnehmen<br />

günstiger Geschäftschancen (vorwiegend durch den Vorstand) kann<br />

hier ebenso eine Pflichtverletzung darstellen wie das Nichterfüllen von Kontrollpflichten<br />

(vorwiegend durch den Aufsichtsrat). 137 Das ist für Pflichten aus<br />

Kodexbestimmungen besonders relevant, da es sich hierbei überwiegend um<br />

Pflichten zum Tätigwerden (insbesondere des Aufsichtsrats) handelt. Eine ganz<br />

andere Frage ist allerdings, ob durch ein Nichtstun, insbesondere durch die<br />

Nichtwahrnehmung einer Geschäftschance ein Vermögensnachteil entsteht (dazu<br />

unten Kap. 1 IV).<br />

Für die Strafbarkeit wegen Untreue ist unerheblich, ob eine Pflicht zum aktiven<br />

Tun oder zum Unterlassen verletzt wird. 138 Das folgt daraus, dass die Gleichstellung<br />

des Unterlassungs- mit dem Begehungsdelikt, die sonst aus § 13 StGB<br />

folgt, hier bereits im Tatbestand vollständig enthalten ist. 139 Die besondere Stellung<br />

des Täters zum betreuten Vermögen hat zudem weitreichende Konsequen-<br />

134Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 2.<br />

135Siehe Fischer, § 266 Rn. 32 m.w.N.<br />

136Saliger, in: SSW, § 266 Rn. 33; Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 91.<br />

137Saliger, in: SSW, § 266 Rn. 33.<br />

138Saliger, HRRS 2006, S. 10 (14).<br />

139Kühl, § 266 Rn. 2; Saliger, in: SSW, § 266 Rn. 33; Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 55, 91 jeweils<br />

m.w.N. Siehe jedoch die Anwendung von § 13 Abs. 1 StGB durch den BGH im „Fall Siemens“,<br />

BGH NJW 2009, S. 89 (91).<br />

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