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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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Kapitel 2: Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Zielrichtung des durch § 161 AktG flankierten Kodex<br />

b) Geringfügige Abweichungen<br />

Dass die Erklärung gr<strong>und</strong>sätzlich der Wahrheit entsprechen muss, ist also unproblematisch.<br />

Allerdings kann im Einzelfall zweifelhaft sein, wann eine positive<br />

Entsprechenserklärung wahr ist, da unklar sein kann, ob das erfolgte bzw. beabsichtigte<br />

Corporate Governance Verhalten den Anforderungen des Kodex entspricht<br />

oder nicht. Da es sich bei den Kodexbestimmungen um abstrakt-generelle<br />

Gebote <strong>und</strong> Verbote handelt, ist nicht anders vorzugehen als bei der Gesetzessubsumtion.<br />

Der Kodex kann insbesondere mit denselben Methoden ausgelegt werden<br />

wie ein Gesetz1091, also mittels grammatischer, historischer, systematischer<br />

<strong>und</strong> teleologischer Interpretation. Der Wille des „Kodexgebers“ kann insoweit<br />

eine wichtige Auslegungshilfe darstellen. 1092 Da auch der Kodex systematisch aufgebaut<br />

ist, können aus der Stellung einer Passage in einem bestimmten Abschnitt<br />

oder ihrem Verhältnis zu anderen Passagen Rückschlüsse für die Auslegung gezogen<br />

werden. Und auch der Zweck der Kodexbestimmungen lässt sich ermitteln<br />

<strong>und</strong> bei der Auslegung berücksichtigen. Zumeist verfolgen die Bestimmungen<br />

denselben Zweck wie die Rechtsnormen, die sie inhaltlich konkretisieren. Kann<br />

man das Verhalten der Organmitglieder in der Vergangenheit bzw. das von ihnen<br />

beabsichtigte Verhalten unter die auf diese Weise ausgelegten<br />

Kodexbestimmungen subsumieren, ist eine positive Entsprechenserklärung wahr.<br />

Stimmt es mit den ermittelten Verhaltensmaßstäben nicht überein, ist eine dennoch<br />

positive Entsprechenserklärung unwahr.<br />

Die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum scheint jedoch weniger strenge<br />

Maßstäbe anzusetzen <strong>und</strong> will geringfügige Abweichungen von der Offenlegungspflicht<br />

ausnehmen. Gemeint ist, dass nur „ins Gewicht fallende Abweichungen“<br />

offenzulegen sind bzw. dass der Kodex nur „allgemein“ eingehalten werden<br />

muss. 1093 Hierfür wird in erster Linie die Gesetzesbegründung zum TransPuG<br />

angeführt, durch welches § 161 AktG eingeführt wurde. 1094 In ähnlicher Weise<br />

wollen manche solche Abweichungen von der Erklärungspflicht ausnehmen, deren<br />

Wiederholung äußerst unwahrscheinlich ist. 1095 Dieses Verständnis mag darauf<br />

beruhen, dass sich die Entsprechenserklärung laut Gesetzesbegründung „auf Ab-<br />

1091Vetter, NZG 2008, S. 121 (125); vgl. auch Seibt, AG 2003, S. 465 (471); Sester, in: Spindler/Stilz, §<br />

161 Rn. 27.<br />

1092Als „Materialien“ kommen insbesondere der als Basis für die Kodexarbeit dienende Bericht der<br />

Baums-Kommission (BT-Drucks. 14/7515, S. 1 ff.) <strong>und</strong> die Pressemitteilungen <strong>und</strong> veröffentlichten<br />

Reden der Kommissionsmitglieder, welche auf der Homepage der Kommission abrufbar sind, in<br />

Betracht. In den Pressemitteilungen werden insbesondere die Gründe ausführlich dargelegt, aus<br />

denen sich die Kommission dazu entschlossen hat, bestimmte Kodexpassagen zu ändern.<br />

1093Ettinger/Grützediek, AG 2003, S. 353 (354); Seibt AG 2002, S. 249 (252).<br />

1094BT-Drucks. 14/8769, S. 21: „Werden die Verhaltensempfehlungen des Kodex im Unternehmen<br />

allgemein eingehalten <strong>und</strong> gab es im Berichtszeitraum keine ins Gewicht fallenden Abweichungen,<br />

so kann sich die Erklärung mit der Feststellung begnügen: „Den Verhaltensempfehlungen der von<br />

der B<strong>und</strong>esregierung eingesetzten Kodex-Kommission zur Unternehmensleitung <strong>und</strong> -überwachung<br />

wurde im Berichtsjahr entsprochen <strong>und</strong> soll auch künftig entsprochen werden.““<br />

1095Seibt, AG 2002, S. 249 (252). Ähnlich Heck, Haftungsrisiken (2006), S. 30.

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