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Untersuchungshintergrund, -ziel und -verfahren

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Kapitel 1: Das Pflichtverletzungsmerkmal im Kontext der Organuntreue<br />

1. Überwachungspflicht des Aufsichtsrats<br />

Zentral für das Pflichtenprogramm der Aufsichtsratsmitglieder ist § 111 Abs. 1<br />

AktG, wo es schlicht heißt:<br />

Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.<br />

Dies ist neben der Bestellung eines leistungsfähigen Vorstands die Kardinalpflicht552<br />

unter den Sorgfaltspflichten <strong>und</strong> die Kehrseite der Pflicht von Vorstandsmitgliedern,<br />

sich an den Maßstab des ordentlichen <strong>und</strong> gewissenhaften Geschäftsleiters<br />

zu halten. Dementsprechend ist Ziel der Überwachungspflicht, die<br />

Einhaltung eben dieses Maßstabes zu sichern. 553 Das bedeutet, dass der Aufsichtsrat<br />

sicherzustellen hat, dass der Vorstand rechtmäßig, zweckmäßig <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

handelt. 554 Er hat dafür zu sorgen, dass der Vorstand die Satzung <strong>und</strong> die<br />

Geschäftsordnung einhält <strong>und</strong> insbesondere keine Maßnahmen vornimmt, die<br />

außerhalb des Unternehmensgegenstands liegen. 555 Er muss sicherstellen, dass der<br />

Vorstand sein Handeln gewinnorientiert ausrichtet <strong>und</strong> insbesondere unvertretbare<br />

Aufwendungen sowie das Beharren auf Engagements in nicht hinreichend rentablen<br />

Bereichen bekämpfen, soweit es die Existenz des Unternehmens gefährden<br />

kann. 556 Dieser Pflichten kann der Aufsichtsrat nicht enthoben werden <strong>und</strong> zwar<br />

auch nicht durch die Gesellschaftssatzung, es sie denn, eine solche Einschränkung<br />

ist ausdrücklich in § 111 AktG vorgesehen. 557<br />

Die herrschende Meinung im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum sieht in der<br />

Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe durch den Aufsichtsrat eine Teilnahme<br />

an der Leitung des Unternehmens. 558 Insofern ist eine strikte Trennung zwischen<br />

den beiden Aufgaben nicht möglich. Das kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck,<br />

dass der Aufsichtsrat seiner Überwachungspflicht in erster Linie durch<br />

Beratung des Vorstands nachkommen soll. 559 Die Überwachungspflichten des<br />

Aufsichtsrats sind besonders relevant für die Untreue, da es sich stets um Pflichten<br />

zum aktiven Tun handelt. Außerdem könnte der Charakter der Untreue als<br />

Pflichtdelikt bzw. Delikt mit Möglichkeit einer normativen Tatherrschaft bei einer<br />

vollständigen Untreuebewehrung der Überwachungspflicht ein hohes Strafbarkeitsrisiko<br />

für die Aufsichtsratsmitglieder mit sich bringen, da sie sich nicht darauf<br />

berufen könnten, nur Gehilfen zu sein, wenn ihnen wegen der Verletzung einer<br />

Überwachungspflicht ein Untreuevorwurf gemacht wird.<br />

552Spindler, in: Spindler/Stilz, § 116 Rn. 34.<br />

553Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 42.<br />

554BGHZ 114, 127 (129 f.); Grunewald, 2. C. Rn. 69; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 42.<br />

555Hopt/Roth, in: Großkomm.-AktG, § 111 Rn. 304.<br />

556Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 111 Rn. 16; Habersack, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 42; Schilha, Aufsichtsratstätigkeit<br />

(2008), S. 54; Spindler, in: MüKo-AktG, vor § 76 Rn. 46.<br />

557Hüffer, § 111 Rn. 1; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 5.<br />

558Siehe Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 111 Rn. 4; Hüffer, § 111 Rn. 5; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111<br />

Rn. 10 jeweils m.w.N.<br />

559Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 111 Rn. 4; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 10.

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