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kurz vor Schulbeginn sitzen zum Teil sogar<br />
etwas mehr als 300 Personen gebannt auf<br />
ihren Plätzen. Eine wissenschaftliche Abhandlung<br />
wurde mit Leben erfüllt und mit<br />
Laienschauspielern aufgeführt. Lebenswelten<br />
von historischen wie fiktiven Figuren<br />
prallen in rund zwei Stunden aufeinander.<br />
Aber worin unterscheidet sich für Martina<br />
Keiler „Der Zillertaler” von anderen Stücken<br />
aus eigener Feder? „Es war kein historischer<br />
Stoff, mit dem ich mich befasst<br />
habe. Es ist mir gelungen, ein zeitloses Thema<br />
zum Thema zu machen. Und ich habe<br />
viel Mut dazu gebraucht.“ Ihr sei sehr wohl<br />
bewusst gewesen, dass Diskussionen folgen<br />
könnten. „Umso schöner sind die großteils<br />
positiven Rückmeldungen. Jeder, der es zuließ,<br />
hat sich in einer Person des Stücks wiedergefunden.“<br />
So habe etwa eine Bäuerin angerufen: „Ich<br />
habe mich in diesem Stück selbst erkannt.<br />
Wir pachten dazu, wir buggeln und ich frage<br />
mich, ob unser Bub nicht eines Tages auf<br />
der Strecke bleibt (weil auch er funktionieren<br />
will und muss)“, hat sie gemeint. Auch<br />
Unternehmer aus dem Tourismus haben<br />
Rückmeldung gegeben. „Wir haben uns<br />
mit der Familie an einen Tisch gesetzt und<br />
diskutiert. Ja, wir hatten erstmals wieder<br />
füreinander Zeit.“ Sie müssten wieder eine<br />
Familie werden.<br />
» Ich wollte nie<br />
den Zeigefinger einer<br />
Besserwisserin heben,<br />
aber eines weiß ich:<br />
Wir müssen wieder<br />
das Maß im Leben<br />
finden. Das klingt<br />
zwar simpel, ist aber<br />
irrsinnig schwer «<br />
Martina Keiler,<br />
Autorin<br />
Dieser Erfolg habe viele Eltern. Egal ob<br />
Schauspieler, Gemeinde und Volksschule,<br />
Musikkapelle, Feuerwehr sowie viele andere<br />
Helfer und vor allem das Publikum. Der<br />
Zufall wollte es, dass unter den Premierenbesuchern<br />
(ja, natürlich waren auch Damen<br />
darunter) ein Theaterkritiker der Salzburger<br />
Nachrichten saß. „Überraschung und Freude<br />
war bei uns allen dann riesengroß, dass<br />
wir sogar die komplette Titelseite des Kulturteils<br />
bekommen haben. Zur gleichen Zeit<br />
waren nämlich in Salzburg die letzten Proben<br />
im Gange und die Bregenzer Festspiele<br />
waren gerade gestartet. Auch über andere<br />
Kritiken haben wir uns sehr gefreut.“ Außerdem<br />
habe sich die ehemalige Chorleiterin<br />
der Bregenzer Festspiele nach einer Vorstellung<br />
vor der Laienbühne verneigt. „Zugegeben:<br />
Da waren wir alle schon mächtig<br />
stolz.“ Das sei auch der Fall gewesen, als<br />
der letzte Vorhang im Volksschauspielhaus<br />
fiel. Bei allen Akteuren sei so etwas wie<br />
Wehmut spürbar gewesen, und zugleich<br />
ein unvergleichliches Gefühl absoluter Zufriedenheit.<br />
„Immerhin sind 30 Personen<br />
über fünf Wochen immer aufeinander gepickt<br />
und haben in 20 Vorstellungen inklusive<br />
Generalprobe wirklich alles aus ihrem<br />
Innersten rausgeholt und zum Besten gegeben.<br />
Das ist echte Leidenschaft.“<br />
Obwohl im Stück immer wieder die Sehnsucht<br />
nach der guten, alten Zeit durchkommt,<br />
freut sich die Aschauerin in ihrem<br />
Resümee über eine Besonderheit der Gegenwart.<br />
„Für die Probenarbeit und die<br />
Aufführungen hatten wir eine Gruppe auf<br />
WhatsApp gegründet. Das Faszinierendste<br />
daran ist, dass diese Gruppe nach wie vor<br />
existiert und sie noch niemand aus diesem<br />
zusammengeschweißten Haufen verlassen<br />
hat. „Ich liebe das Zillertal als meine<br />
Heimat. Ich schätze und liebe seine Menschen.“<br />
So wie andere werde auch sie dafür<br />
kämpfen und auf das Tal aufpassen. „Trotz<br />
aller Geschäftstüchtigkeit dürfen wir unsere<br />
Identität nicht verlieren, nicht verkaufen.<br />
Und wir müssen wieder Zeit finden: für<br />
Geselligkeit, einen ‚Huagacht’ und füreinander.“<br />
62 Zillachtolarin