MISSION DURCH MIGRATION
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einer schweizer Gemeinde wurde nicht mehr ein Pastor, Prediger oder Gemeindeleiter,<br />
sondern ein Teamleiter, Coach und Mentor gesucht. 46 Diese Entwicklung hin zu moder-<br />
neren Leitungsstil und Strukturen scheint sich diametral von der Entwicklung in Latein-<br />
amerika zu unterscheiden. Dort ist eine Tendenz zum Einzelkämpfer zu verzeichnen. Der<br />
“Caudillismo”, ein in der Kultur weit verbreiterter Führungsstil eines alleinigen, nicht zu<br />
hinterfragenden und starken Leiters, ist in den lateinamerikanischen Gemeinden ebenfalls<br />
weit verbreitet. Es scheint so zu sein, dass je charismatischer die Gemeinde ist, umso<br />
hierarchischer ist sie strukturiert. 47<br />
Es braucht viel Verständnis, Reife und Gnade, um las Lateinamerikaner aus<br />
diesem Hintergrund nun plötzlich mit schweizer Vorstellungen von flachen Strukturen,<br />
demokratischem Denken und Teamleiterschaft umgehen zu können. Einerseits wirft der<br />
Latino als Gemeindeglied dem schweizer Leiter oft zu wenig Rückgrat vor, andrerseits<br />
irritieren den Latino als Leiter die schweizer Ansprüche an Mitsprache und Teamarbeit.<br />
Ohne die Gnade, die ein gegenseitiges Verständnis ermöglicht, ist ein von christlicher<br />
Nächstenliebe geprägter Umgang mit Andersdenkenden kaum möglich. Diese Haltung<br />
darf und soll von einem Lateinamerikaner als Gast in der Schweiz auch erwartet werden<br />
können.<br />
3.3 Schlussbemerkungen zu Kapitel 3<br />
In diesem Kapitel wurde darauf hingewiesen, dass die Missionsinitiativen lateinamerika-<br />
nischer Migranten nebst allem Potential zur Evangelisierung ihres Gastlandes auch eine<br />
Reihe von Gefahren mit sich bringen. Einerseits sind da die Erwartungen an das alltägli-<br />
che Leben in der Schweiz, welches sich doch sehr von dem in Lateinamerika unterschei-<br />
det, andrerseits sind es die Gewohnheiten, wie christlicher Glaube gelebt und weiterge-<br />
geben werden sollte. Sie sehen sich mit einer individualistischen, säkularisierten Gesell-<br />
46 Dieser Stellenbeschrieb wurde dem Verfasser im September 2001 von der besagten Gemeinde<br />
zugesandt. Diese Stelle wurde auch einem lateinamerikanischen Missionar an geboten und könnte daher<br />
ein Fallbeispiel für die Umsetzung verschiedener Leitungsauffassungen werden.<br />
47 Alle dem Verfasser bekannten, grossen und schnell wachsenden Gemeinden in Lateinamerika<br />
entsprechen dieser Charakteristik: sie sind charismatisch und haben einen starken Einzelleiter.