MISSION DURCH MIGRATION

Abstrakt
Das dritte Kapitel zeigt, dass die Missionsinitiativen lateinamerikanischer Mi-
granten nebst allem Potential auch eine Reihe von Gefahren mit sich bringen. Einerseits
sind da ihre Erwartungen an das alltägliche Leben in der Schweiz, andrerseits sind es die
kulturellen Gewohnheiten, wie christlicher Glaube gelebt und weitergegeben wird. Sie
sehen sich mit einer individualistischen und säkularisierten Gesellschaft konfrontiert und
wissen kaum, wie sie ihr fernab von Heimat und starken Familienstrukturen begegnen
sollen. Beim Kirchen- und Gemeindebesuch in der Schweiz geht es ihnen ähnlich. Sie
beobachten eine ihnen oft unbekannte Gottesdienstform oder ein für sie ungewohnt lang-
sames Wachstum. Die Versuchung ist gross, ein geistlichen Superioritätsgefühl aufkom-
men zu lassen, da in ihrer Heimat alles anders, besser, und geistlicher zu sein scheint. Ein
völlig unterschiedliches Leitungsverständnis in den Gemeinden verleitet ebenfalls dazu,
eigene, zumindest in der Schweiz, unabhängige Gruppierungen zu gründen. Ein Zögern
zur Zusammenarbeit und Integration mit christlichen Kirchen, Gemeinden und Körper-
schaften und ein Desinteresse am politischen und sozialen Geschehen im Gastland sind
oft die Folgen. Dabei spielt die eigene Kultur doch eine grössere Rolle, als wahrschein-
lich von den Latinos angenommen wird. Es wäre bestimmt eine große Bereicherung,
wenn sich der Enthusiasmus, die Hingabe und die Visionen der lateinamerikanischen
Christen, mit der entsprechenden Sensibilität, der Selbstdisziplin und dem Realismus der
schweizer Christen kombinieren liessen. Dazu würde gegenseitiger Respekt, Gnade und
eine gesunde Abhängigkeit von Gott die für beide Seiten notwendige Voraussetzung
schaffen.