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Initiierung technologischer Systeminnovationen - OPUS - Universität ...

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– 257 –<br />

künftigen ‘driving forces’ solcher ‘Paradigmenwechsel’ frühzeitig im eigenen<br />

Entscheidungsprozeß berücksichtigen zu können, bedarf es anfangs „insights, not<br />

numbers“. 192 Diese Einsichten sind am ehesten von Experten für das technologische<br />

Potential und die (neuen) Märkte der betrachteten prinzipiell neuen<br />

(System-)Technologie zu erwarten. Ein langfristig ausgerichteter Entscheider<br />

muß diese Experten nicht nur finden, sondern – und dies betrifft letztlich den hier<br />

zu diskutierenden Punkt ‘Entscheidungsattitüden’ – auch das Risiko übernehmen<br />

bzw. die Bereitschaft aufbringen, sich ‘nur’ auf die entsprechenden eher als qualitative,<br />

denn quantitative Aussagen zu erwartenden Expertenurteile zu verlassen.<br />

Ein abschließendes Beispiel (nicht nur zum Aspekt ‘insights, not numbers’):<br />

Ende der 60er Jahre verkaufte die Uhrenfabrik Gebr. Staiger, beheimatet in St.<br />

Georgen im Schwarzwald, „mit gutem Erfolg“ 193 Großuhren 194 mit elektromechanischen<br />

Uhrenwerken, also Uhren, in denen zur Erzeugung eines genormten<br />

Zeittaktes mechanische Komponenten (Unruh, Torsionspendel, etc.) bewegt<br />

wurden. Trotzdem faßte man den risikoreichen Entschluß, in den Wechsel auf<br />

eine prinzipiell neue Systemtechnologie zu investieren – elektronische Quarzuhren,<br />

in denen ein Quarz mit seiner sogenannten Eigenschwingung den ‘Ur-<br />

Zeittakt’ generiert, der dann durch integrierte Schaltungen (ICs) in einen genormten<br />

Zeittakt umgewandelt wird. Nur wer die seit den 30er Jahren zu beobachtenden<br />

Entwicklungen in den – der ‘klassischen’ Uhrenindustrie völlig<br />

fremden – Technikbereichen ‘Quarz’ und ‘Halbleiter’ als relevant für die<br />

Komponentenfunktionen von Uhren erkannte und das enorme Kostenreduktionspotential<br />

durch die dazugehörigen Prozeßtechnologien sah, erfaßte das<br />

gesamte technologische Potential der neuen Systemtechnologie. Nur einem der<br />

maßgeblichen Entscheider bei Staiger gelang dies mit Hilfe eingehender Gespräche<br />

mit den Experten der neuen Systemtechnologie. Er bezahlte seine Mitgesellschafter<br />

aus und setzte für das relativ kleine Unternehmen frühzeitig auf<br />

den prinzipiellen Technologiewechsel. Dies bedeutete aber auch eine „unmittelbare<br />

Abhängigkeit“ 195 von den Komponentenlieferanten für die Quarze und die<br />

integrierten Schaltungen. Ein Architekturteam aus ca. neun Mitarbeitern koordinierte<br />

bei Staiger erfolgreich die Zusammenarbeit mit den Herstellern von<br />

192<br />

Kotler/Fahey/Jatusripitak (1985), S. 258.<br />

193<br />

So Lothar Rötzschke, in den 70er Jahren Mitglied der Geschäftsleitung der Firma Gebr. Staiger,<br />

auf dessen Erfahrungsbericht dieses Beispiel beruht. Vgl. Rötzschke (1979). Mit der<br />

technologischen Seite und der ‘Voraussagbarkeit’ der prinzipiellen Systeminnovation von<br />

elektromechanischen zu quarzgesteuert-elektronischen Uhren vgl. Pfeiffer et al. (1991), S.<br />

32 ff. und Pfeiffer et al. (1997), S. 23 ff.<br />

194<br />

Als ‘Großuhren’ bezeichnet man Uhren, die größer sind als Taschen- bzw. Armbanduhren,<br />

also z. B. Wanduhren und Wecker.<br />

195<br />

Rötzschke (1979), S. 42.

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