HH •^^4 - Brasiliana USP
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— 9° —<br />
sich die Einwirkung der dünnen Luft energ-isch fühlbar. Wir wurden<br />
alle, obwohl wir uns in vollständiger Ruhe befanden, von der Bergkrankheit,<br />
dem Soroche, befallen. Dies ist zweifellos dem Umstand zuzuschreiben,<br />
daß wir unserem Organismus im Verlauf von sieben Stunden<br />
eine Höhendifferenz von fast 4400 m zugemutet hatten, demselben somit<br />
keine Zeit gegeben war, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen.<br />
Wir fühlten heftigen Druck auf Stirn und Trommelfell, als wenn der<br />
Kopf in einen Schraubstock gepreßt würde, die Atemzüge wurden kurz<br />
und die mangelhafte Innervation des Herzens äußerte sich in Zitter- und<br />
Flatterempfindungen. Eine Italienerin und ihr Sohn, die sich mit uns<br />
im Waggon befanden, unterlagen ähnlichen Erscheinungen und erstere<br />
erzählte uns Schaudergeschichten von Fällen tötlichen Ausgangs der<br />
Krankheit, die uns soeben ergriffen hatte.<br />
Die Bahn führte nun mit einer durchschnittlichen Steigung von<br />
35 pro Mille aufwärts. Außer den zerrissenen Felswänden in nächster<br />
Nähe waren bisher zu beiden Seiten stets noch etwas höhere, malerische,<br />
punabedeckte Berge sichtbar gewesen. Nun kam auch Schneegebirge<br />
zum Vorschein. Die Bahn läßt an Großartig-keit der Anlage nichts zu<br />
wünschen übrig; in Kurven und Winkeln, manchmal drei übereinander,<br />
auf kühnen, tiefe Abgründe überspannenden Brücken und durch ungefähr<br />
vierzig Tunnel überwindet sie in wildester Andenszenerie eine<br />
Höhe wie bisher noch keine andere Bahn auf der ganzen Erde. Gegen<br />
4 Uhr nachmittags wird innerhalb 3 Minuten 10 Sekunden der Tunnel<br />
El Paso de Galera passiert und hiermit der höchste Punkt der Bahn<br />
erreicht. Wir befinden uns nun in 4774,6 m Seehöhe, nur 35 m unter<br />
der höchsten Höhe, die man in Europa erklettern kanir. Der Zug hält,<br />
wir steigen aus, die an unsere Alpen erinnernde Gegend zu bewundern<br />
und die Temperatur zu messen. Die Luft hat 10" C. Auf zwei Seiten<br />
strebt schneegekröntes Gebirge zum Firmament empor. Nur der Monte<br />
Meiggs, der mit seinen 5357 m der höchste der hier sichtbaren Gipfel<br />
sein soll, entbehrt, seiner steilen Wände wegen, einer ausgedehnteren<br />
Schneehülle. Schon vor Erreichen der Paßhöhe läßt der Charakter des<br />
Grases auf sumpfigen Boden schließen; später zeigen sich auch Moorstrecken<br />
und da und dort, namentlich auf der Wasserscheide zwischen<br />
dem Stillen und Atlantischen Ozean, sind einzelne Lagunas oder Tümpel<br />
eingestreut. Vögel, deren es in den tieferen Regionen wenig gab, verschwanden<br />
in den höheren fast ganz. AVir sahen nur zwei Stück Wassergeflügel<br />
in eine der Lachen einfallen. Fische soll es in den hiesigen<br />
Bachen und Lagunen keine geben; wir hatten nicht Gelegenheit uns von<br />
der Richtigkeit dieser mir etwas zweifelhaft erscheinenden Angabe 1 )<br />
2 ) In Bolivien, ca. 4 Breitengrade südlicher, hat man Orestiasarten bei ca. 4576 m Seehöhe<br />
gefunden (Conway: Climbing and Exploration in the Bolivian Andes, p. 396). Es erscheint