28.12.2012 Aufrufe

HH •^^4 - Brasiliana USP

HH •^^4 - Brasiliana USP

HH •^^4 - Brasiliana USP

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

— 244 —<br />

gegen 6 Uhr — traf der erste Sonnenstrahl die schneeigen Gipfel.<br />

Glänzendrot flammten sie auf, wie flüssiges Gold rieselte es an den<br />

Steilhängen herunter, und bald war die ganze winterliche Hochgebirgswelt<br />

von glitzerndem Lichte umflutet.<br />

Nachdem wir uns mittels heißen Kaffees erwärmt hatten, wurde<br />

der Weitermarsch angetreten. Die Laguna del Inca, dieser in 2800 m')<br />

Meereshöhe befindliche Hochgebirgssee von ungefähr 5 km Länge und<br />

1 km Breite, war unter uns geblieben. Ahnungslos waren wir an ihm<br />

vorbeigewandert, Weg und Steg lagen unter ungeheuren Schneemassen<br />

• begraben und auch die Umrisse des Seespiegels hatte die mächtige<br />

Schneedecke verwischt. Wir schlugen nun eine mehr östliche Richtung<br />

ein, in einem nach rechts sich abzweigenden Hochtal. Ununterbrochen<br />

ging es aufwärts, bald steiler, bald ebener, immer pfadlos über das weiße,<br />

diamantfunkelnde Leichentuch hinweg, welches die tote Natur bedeckte.<br />

Rings um uns ragten in alpinen Formen die felsigen Andengipfel und<br />

Andenrücken mit ihrem zerfetzten Schneemantel empor.<br />

Wir wanderten ohne Pause in ermüdendem Marsch. Die wenigen,<br />

etwa zimmerlangen Strecken, auf welchen die Sonne den Schnee hinweggeleckt<br />

hatte, war das Erdreich durch das einsickernde Schneewasser<br />

so durchweicht, daß wir sie womöglich noch mühsamer zu begehen<br />

fanden als den Schnee. Nach dreistündigem Steigen von Portillo ab<br />

wünschten unsere Leute an einer Quelle zu rasten und zu frühstücken.<br />

An unserem Halteplatz war es auf dem Schnee in der grellen blendenden<br />

Sonne glühend heiß; in dem von uns geworfenen Schatten hingegen<br />

zeigte das Thermometer kaum 4 0 C. Doch da vollständige Windstille<br />

herrschte, kam uns die niedere Temperatur nicht zur Empfindung.<br />

Wir lagerten an so steiler Stelle, daß die größeren Gepäckstücke wegen<br />

Abrutschens nicht auf den Boden gelegt werden konnten, sondern<br />

mit Bergstöcken gestützt werden mußten. Hier guckte ein nicht in<br />

Blüte befindliches Cerastium arvense aus dem Schnee heraus. Dieses<br />

niedrige Nelkengewächs, welches eine Charakterpflanze der höchsten<br />

Andengipfel des gemäßigten Südamerika ist, war mehr als drei Stunden<br />

unterhalb der Paßhöhe die letzte Pflanze, die wir sahen. Ein Zorzal<br />

cordillerano 2 ), ein weiß und braungrau gefiederter Tyrannide, setzte sich<br />

ohne die geringste Scheu bald auf das eine, bald auf das andere unserer<br />

Gepäckstücke. In diesen weltfernen Höhen ahnte das hübsche Tierchen<br />

wohl nichts Schlimmes; doch mußte es seine Zutraulichkeit bitter büßen,<br />

denn ein Schuß machte im Interesse unserer Sammlung seinem Leben<br />

alsbald ein Ende. Tiefer unten in Portillo war ein kleiner Finke, eine<br />

Zonotrichia pileata, erlegt worden und hatten wir hiermit Exemplare<br />

*) Nach Güßfeldt (I. c. S. 346) ist die Seehöhe 2780 m.<br />

2 ) Taenioptera murina Orb.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!