04.01.2013 Aufrufe

Rombuch

Rombuch

Rombuch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Rückführung hat einen besonderen Vorteil: Durch seine Beschäftigung mit einer von<br />

der Analysis losgelösten Theorie der Mengen kann er die reellen Zahlen auf noch<br />

grundlegenderen Objekten fußen lassen. Die Mengen scheinen auf der einen Seite<br />

mächtig genug zu sein, um damit alles Denkbare und Undenkbare (im wahrsten Sinne<br />

des Wortes) zu fassen. Andererseits sind diese Objekte in ihren Grundzügen einfach<br />

genug, so dass sie auch von allen ohne Zweifel als existent und unbedenklich angesehen<br />

werden.<br />

Als Frege und Russell sie um die Jahrhundertwende dann zum ” Urstoff aller Mathematik“<br />

erklären wollen und damit scheitern, ist der Aufschrei in der mathematischen<br />

Welt groß. Die meisten haben sich schließlich auf die Mengen verlassen. Man hat zu<br />

fühlen geglaubt, dass hier der Schlüssel und der Grund aller Mathematik läge und<br />

man sich so getrost mit allem beschäftigen könne, was einen gerade umtreibt. Im Zweifel<br />

würde schon irgendwann jemand kommen und die eigenen Theorien auf Mengen<br />

zurückführen und alles wäre gerettet. Als aber die Existenz dieser Mengen nicht mehr<br />

so gesichert scheint, sind die Mathematiker gezwungen, sich jeder an seiner eigenen<br />

Nase zu packen und sich zu fragen, mit was für Objekten hier hantiert wird. Was<br />

wird durch die Mathematik modelliert? Welche Aussagen liefert die Mathematik für<br />

unsere physikalische Wirklichkeit? Und genau an dieser Stelle setzen schließlich der<br />

Formalismus und der Intuitionismus mit ihren Lösungswegen an.<br />

5.3 Der Formalismus<br />

In früheren Auffassungen von Mathematik waren die Motivationen und Vorgehensweisen<br />

von der Anschauung her begründet, beispielsweise von physikalischen Vorgängen<br />

oder Problemen, und die Wahrheitsansprüche von Theorien fußten auf anschaulicher<br />

überprüfung. Der Formalismus geht nun einen ganz anderen Weg, was ihm auch die<br />

Bezeichnung ” Moderne Auffassung der Mathematik“ einbringt. Die entscheidende<br />

Neuerung ist, dass im Formalismus ein System von Axiomen die Basis jeder Theorie<br />

bildet, Begriffe abstrakt definiert werden und die Gültigkeit von Aussagen durch formale<br />

Herleitung aus den Axiomen sichergestellt wird. Durch diese Ablösung von der<br />

sinnlich fassbaren Realität und durch die In-sich-selbst-Begründung der Mathematik<br />

wird ein bedeutender – wenn nicht der bedeutendste – Schritt zur Selbstständigkeit<br />

und Unabhängigkeit der Mathematik von den anderen (empirischen) Wissenschaften<br />

vollzogen.<br />

Diese Herangehensweise entsteht in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und<br />

findet ihren mächtigsten Fürsprecher in David Hilbert (1862-1943), dem führenden<br />

Mathematiker des frühen 20. Jahrhunderts. Hilbert (Abbildung 5.1) war Professor in<br />

der Stadt Göttingen, die er zusammen mit Klein als Weltzentrum der Mathematik<br />

etablierte. In ” Grundlagen der Geometrie“ (1899), dem Kernstück seiner axiomatischen<br />

Methode, stellte er die Geometrie auf axiomatische Beine. Im darauffolgenden Jahr hält<br />

er auf dem 2. internationalen Mathematikerkongress eine bedeutende Rede, in der<br />

er für die zukünftige mathematische Forschung 23 Probleme vorstellt. Später (1918-<br />

22) stellt er in Anlehnung daran sein ” Hilbert-Programm“ auf, dessen Ziel es ist, die<br />

Widerspruchsfreiheit des formalistischen Programms zu beweisen.<br />

Charakteristisch dabei ist sein unübertroffener Optimismus, was die Lösbarkeit<br />

48

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!