Rombuch
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ist, und inwieweit es uns prägt. Natürlich greift es in die meisten Bereiche des Privaten<br />
und Geschäftlichen ein – aber ist dadurch sofort eine Abhängigkeit und damit die<br />
Unmöglichkeit des Verzichts gegeben? Für uns gab es nur eine einzige Möglichkeit die<br />
Wahrheit zu finden: Wir starteten den Selbstversuch Web Null Null. Der Titel unseres<br />
Experiments steht pragmatisch für die Zeit, bevor das Internet in unser Leben Einzug<br />
hielt – oder um es anders auszudrücken: Für ein Leben ohne Internet.<br />
Das Experiment bestand aus folgendem: für vorerst einen Monat wollten wir im privaten<br />
Bereich völlig auf das Netz verzichten. Im Geschäftlichen – dass muss an dieser<br />
Stelle hervorgehoben werden – konnten wir es nicht wagen vollständig auf Briefverkehr<br />
umzusteigen, da wir uns zu dieser Zeit gerade in unserem Praktikumssemester<br />
befanden. Um diesen Verlust nicht durch übermäßige Handynutzung kompensieren<br />
zu können entschieden wir uns dafür, auch diese Geräte größtenteils zu ignorieren. Wir<br />
begannen im Vorfeld damit, Freunde und Verwandte sowohl telefonisch als auch mit<br />
Hilfe von Rundmails in sozialen Netzwerken zu benachrichtigen – sogar eine eigens<br />
dafür angelegte Internetseite (www.webnullnull.de) sollte unseren Bekanntenkreis von<br />
unserem Vorhaben informieren. Und die Reaktionen hätten unterschiedlicher nicht sein<br />
können: Da gab es diejenigen, die nur Unverständnis äußerten, die aktuell üblichen<br />
Kommunikationsmittel nicht nutzen und so vermeintlich absichtlich Beziehungen brechen<br />
zu wollen. Aber auch Bewunderung über den Mut, den wir aufbrachten, einen<br />
so gigantischen Schritt zu wagen und eine selbst auferlegte Zeitreise zu erleben, wurden<br />
uns kundgetan. Kurz bevor wir den Sprung in das web-freie Zeitalter realisierten,<br />
schrieben wir beinahe panisch die letzten Mails, tätigten dringende Überweisungen<br />
und verschickten unsere Adresse mit Bitte um Briefe und Postkarten.<br />
Webnullnull – Ein Erfahrungsbericht<br />
Dann kam der Tag Null. Zunächst war es eine große Hürde, die sich scheinbar selbstständig<br />
bewegenden Hände von der Tastatur fern- und davon abzuhalten das Internet<br />
zu jeder Kleinigkeit zu befragen. Google als unser täglicher Begleiter hat es ja sogar<br />
schon in den Deutschen Duden geschafft. Und auch das allwissende Orakel ” Wikipedia“<br />
hat für Studierende einen höheren Stellenwert, als vielen Professoren lieb ist. Als<br />
die Selbstverständlichkeit langsam verblasste, mit welcher wir uns dem nicht enden<br />
wollenden Informationsschatz des Internets bedienten, wurde uns mit jedem weiteren<br />
Tag bewusst, auf wie viel wir tatsächlich verzichteten. Im strömenden Regen mussten<br />
wir zur nächsten Bank laufen, um die anstehende Mietüberweisung tätigen zu können.<br />
Fahrstrecken zu planen wurde nicht nur durch das notwendige Studieren der Haltestellenpläne<br />
direkt an den Haltestellen erschwert, es wurde teilweise völlig unmöglich, da<br />
es für Angebote wie ” Mitfahrgelegenheiten“ keine offline-Alternative gibt. Vom aktuellen<br />
Tagesgeschehen erfuhren wir nur durch Gespräche – wie schafft man es auch neben<br />
dem Studium aus einer Tageszeitung (in Papierformat – gibt es das überhaupt noch?)<br />
die wichtigsten Informationen herauszuziehen. Die Freizeitgestaltung überließen wir<br />
unseren Freunden, da es für uns schier unmöglich war herauszufinden, wann welcher<br />
Film oder welches Theaterstück läuft und wie die Kritik dazu aussieht. Und wie<br />
plant man seine Sommerferien, wenn die Termine dafür von der Hochschule nur on-<br />
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