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Rombuch

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Mathematik ab. Sie ist für ihn lediglich ” experimentelles Denken“, das in jede beliebige<br />

Richtung gehen kann. Die Unabhängigkeit der Mathematik treibt er sogar so weit, dass<br />

er sie als ” freie Schöpfung unseres Denkens“ beschreibt, die nur der Logik unterworfen<br />

ist.<br />

5.4 Luitzen E. J. Brouwer und der Intuitionismus<br />

Die gegenläufige Entwicklung zu Hilberts Formalismus war der Intuitionismus, für<br />

welchen eine Kritik an der klassischen Logik bezeichnend ist: Es wird die Gültigkeit des<br />

Satzes vom ausgeschlossenen Dritten angezweifelt, durch welchen auch der indirekte<br />

Beweis begründet ist, und es wird außerdem das aktual Unendliche verworfen. Intuitionistisch<br />

gesehen ist Mathematik eine Tätigkeit geistigen Konstruierens unabhängig<br />

von Sprache, Logik und Erfahrung.<br />

Luitzen Egbertus Jan Brouwer (1881-1966, Abbildung 5.2), der als Begründer des Intuitionismus<br />

gilt, wird als recht schwieriger Mensch, als arroganter und misanthroper<br />

Sonderling beschrieben. In seiner Dissertation über die Grundlagen der Mathema-<br />

”<br />

tik“, aus der sein Doktorvater Diederik Johannes Korteweg ihn große Teile streichen<br />

lässt, versucht er den Zusammenhang zwischen seinen philosophischen und mathematischen<br />

Ansichten herzustellen. Brouwer beschreibt darin seine Auffassungen zum<br />

” Aufbau der Mathematik“, zu ” Mathematik und Erfahrung“ und Mathematik und<br />

”<br />

Logik“. Er versucht sich an einem konstruktivistischen Aufbau der Mathematik aus<br />

intuitiv einsichtigen Begriffen, die für ihn unabhängig von Logik sind. Er vertritt die<br />

Meinung, dass nur existent ist, was zumindest in Gedanken und in endlich vielen<br />

Schritten konstruiert“ werden kann. Folglich wird das aktual Unendliche in seiner<br />

”<br />

Mathematik verworfen, da hier mit einer unendlichen Gesamtheit umgegangen wird.<br />

Desweiteren glaubt Brouwer an eine mathematische Urintuition“, für ihn gleichbe-<br />

”<br />

deutend mit einer Intuition der Zeit“. Diese mathematische Urintuition ist für ihn<br />

”<br />

aber keine geschulte, durch Erfahrung entstandene, sondern eine Intuition, die jeder<br />

Mensch von Geburt an besitzt. Die mathematische Urintuition befähige den Menschen,<br />

die Welt mathematisch zu sehen, d.h. Folgen von Ereignissen zu erkennen. Durch diese<br />

Beobachtungen sei es den Menschen möglich, Regeln in der Folge von Ereignissen<br />

zu vermuten und dadurch in der Welt zu wirken. In der Welt zu wirken interpretiert<br />

Brouwer als Gebrauch von Macht, und diesen Machtgebrauch verurteilt er. Jeder Eingriff<br />

in die Welt ist für ihn schlecht. So steht er auch der Wissenschaft und jeglichem<br />

technischen Fortschritt kritisch gegenüber. Das Gute und die Wahrheit liegen für ihn in<br />

der Kontemplation, in der Selbsteinkehr. Einsicht finde im Herzen und nicht im Kopf<br />

statt.<br />

Wichtiges Hilfsmittel zu diesem In-der-Welt-wirken-können“ sei die Sprache, die<br />

”<br />

zusammen mit der mathematischen Urintuition ein Machtmittel ohnegleichen darstelle.<br />

Lächerlich unzulänglich wird die Sprache allerdings, so Brouwer, wenn es um<br />

feinere Schattierungen des Willens geht. Er meint, dass eine unmittelbare Kommunikation<br />

durch Sprache verhindert wird. Wann hat je jemand jemand anderem seine Seele<br />

”<br />

durch die Sprache mitgeteilt“ sagte er einmal. Die immanente Wahrheit, die in der Welt<br />

erschiene, könne durch Sprache nicht ausgedrückt werden.<br />

Brouwer vertritt die These, dass Mathematik unabhängig von Logik ist. Mathe-<br />

50

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