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Rombuch

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Abbildung 5.2: Luitzen Egbertus Jan Brouwer<br />

matik ist für ihn eine geistige Konstruktion, die von Worten nur begleitet wird: Die<br />

Worte sind Hilfsmittel, um in anderen Menschen Kopien von den mathematischen<br />

Konstruktionen zu erzeugen, die im isolierten Selbst erschaffen wurden. Mathematik<br />

und Sprache sind also voneinander unabhängig. Die Argumente der Logik jedoch beträfen<br />

Worte, sie seien sprachliche Konstruktionen. Für Brouwer ist Mathematik ” vor“<br />

der Sprache. Darin liegt für ihn die Reinheit der Mathematik: Dass sie ” um ihrer selbst<br />

willen“ betrieben werden kann ohne in die Welt einzuwirken und dadurch Macht<br />

auszuüben. An Hilberts Formalismus kritisiert Brouwer, dass dieser die Mathematik<br />

als eine Sprache aufbaue. Im Gegensatz zu Hilbert meint er außerdem, dass aus der<br />

Widerspruchslosigkeit eines Systems nicht folgt, dass dieses einen Sinn trägt.<br />

1908 publiziert Brouwer einen Artikel, in dem er zum ersten Mal explizit das Prinzip<br />

des ausgeschlossenen Dritten und den daraus folgenden Widerspruchsbeweis in Frage<br />

stellt. Er meint zwar, dass dieser in endlichen Systemen zulässig ist, da hier auch eine<br />

Maschine oder ein trainiertes Tier die überprüfung vornehmen könne, nicht aber in<br />

unendlichen Systemen. Später liefert er zu dieser These noch sogenannte ” Brouwersche<br />

Gegenbeispiele“, die demonstrieren sollen, warum der Widerspruchsbeweis nicht in<br />

unendlichen Systemen funktioniert. Hier eines dieser Beispiele: Man konstruiere eine<br />

Zahl a, welche die gleiche Dezimalbruchentwicklung wie π hat, solange in π nicht eine<br />

bestimmte endliche Ziffernfolge vorkommt. Sobald die Ziffernfolge auftaucht, sollen<br />

alle weiteren Nachkommastellen gleich 0 sein. Man kann nun aber nicht sagen, ob eine<br />

bestimmte Ziffernfolge in der Dezimalbruchentwicklung von π vorkommt, kann also<br />

auch nicht sagen, ob a < π oder a = π.<br />

5.5 Der Grundlagenstreit<br />

In den vorhergehenden Kapiteln ist klar geworden, wie sich die Ideengrundlage der<br />

Mathematik gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts herauskristallisiert<br />

und wie dann in einem zweiten Schritt aus diesen Bausteinen zwei verschiedene Arbeitsphilosophien<br />

– manifestiert in Formalismus und Intuitionismus – ausgearbeitet<br />

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