FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK
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116 verNeTZuNg, KooPerATIoN uNd ForTBILduNg<br />
verNeTZuNg uNd KooPerATIoN 117<br />
behörden, sozialleistungsträger, agenturen für arbeit etc. in das Konzept einbezogen<br />
werden. aus sicht der Fachberatungsstellen würde dies positive auswirkungen<br />
auf den praktischen umgang mit Betroffenen haben. denn in der Praxis treten<br />
bislang in allen Bundesländern regelmäßig schwierigkeiten bei der unterstützung<br />
Betroffener auf, z.B. bezüglich ihres aufenthalts und ihrer alimentierung, bezüglich<br />
der Zuständigkeit der verschiedenen stellen und zu verschiedenen Verfahrensabläufen,<br />
z.B. zum umgang mit Opferzeuginnen bei Gericht. in einem ganzheitlichen<br />
Kooperationskonzept wären idealerweise sämtliche regelungen, alle<br />
Beteiligten und klare Vorgehensweisen erfasst und könnten so zu einem sicheren<br />
und fachgerechten umgang mit Betroffenen auf allen ebenen führen.<br />
2.2. Kooperationskonzepte in den Ländern<br />
die strafverfolgung des Menschenhandels, die Förderung von Opferschutzmaßnahmen<br />
und die Finanzierung der arbeit von Fachberatungsstellen sind in erster<br />
linie ländersache. somit liegt auch die entwicklung verbindlicher Kooperationsvereinbarungen<br />
in der Verantwortung der jeweiligen Bundesländer.<br />
seit 1999 wurden in 12 von 16 Bundesländern sowie einer Kommune solche Kooperationsvereinbarungen<br />
festgeschrieben, wobei hamburg den anfang gemacht<br />
hat.<br />
es können im Bundesgebiet zwei Formen von Kooperationsvereinbarungen<br />
identifiziert werden:<br />
• erlasse, d.h. die Kooperationsvereinbarung wird als Verwaltungsvorschrift<br />
von einem Ministerium angeordnet und richtet sich an bestimmte oder alle<br />
nachgeordneten Behörden<br />
• Verträge, d.h. die Kooperationsvereinbarung ist ein geschlossener Vertrag<br />
zwischen konkret benannten Polizeidienst- und Fachberatungsstellen.<br />
der aufbau der Kooperationsvereinbarungen gleicht sich in vielen Punkten und<br />
folgt häufig dem Vorbild des Bundeskooperationskonzeptes:<br />
• in der Präambel ist die notwendigkeit der Kooperationsvereinbarung<br />
begründet,<br />
• eine gemeinsame Zielsetzung ist definiert,<br />
• die adressaten des Vertrages, deren rollen und aufgaben sind benannt,<br />
• die Zielgruppe der Opfer, für deren schutz die Vereinbarung getroffen wird,<br />
ist aufgeführt,<br />
• die art und Weise der Zusammenarbeit ist benannt.<br />
im Jahr 2006 wurden im auftrag des <strong>KOK</strong> alle bestehenden Kooperationsvereinbarungen<br />
evaluiert und die Praxiserfahrungen ausgewertet. 172 Kernerkenntnis der<br />
analyse war, dass Kooperationsvereinbarungen ein gutes instrument zur Verbesserung<br />
der Kooperation zwischen Fachberatungsstellen und Polizeidienststellen<br />
sind. Gleichzeitig zeigten sich deutliche unterschiede in den details der regelungen,<br />
die sich auch auf die Praxis der Zusammenarbeit auswirken.<br />
172 elfriede steffan: Kooperationsvereinbarungen zwischen Fachberatungsstellen und Polizeien in deutschland als wirksames<br />
instrument der Bekämpfung des Menschenhandels, 2006 – unter angabe der dienststelle fachintern zu beziehen bei <strong>KOK</strong>.<br />
es gibt noch immer vier Bundesländer 173 , in denen keinerlei Kooperationsvereinbarung<br />
besteht und wo die Zusammenarbeit in einzelabsprachen verabredet werden<br />
muss. der abschluss von Kooperationsvereinbarungen ist aus sicht des <strong>KOK</strong><br />
hier dringend anzuraten.<br />
2.3. Spannungsfelder und Wirksamkeit der Zusammenarbeit zwischen Fachberatungsstellen<br />
und der Polizei<br />
in der wissenschaftlichen analyse ist mittlerweile mehrfach belegt, dass die Zusammenarbeit<br />
zwischen Polizei und Fachberatungsstellen sich förderlich auf die<br />
Bekämpfung des Menschenhandels auswirkt. 174 Gleichzeitig ist die erkenntnis<br />
gewachsen, dass die Betroffenen dieser straftaten psychosoziale Beratung und unterstützung<br />
benötigen.<br />
die Wirksamkeit von Kooperationsvereinbarungen wurde anlässlich einer<br />
Bund-länder-übergreifenden Fachtagung des <strong>KOK</strong> im Jahr 2006 anhand der<br />
Praxiserfahrungen von Fachberatungs- und Polizeidienststellen in den einzelnen<br />
Bundesländern evaluiert. 175 im ergebnis wurde festgestellt:<br />
• die praktische umsetzung der Kooperationsvereinbarungen wird sowohl<br />
von Fachberatungsstellen als auch Polizeidienstellen ganz überwiegend<br />
positiv bewertet.<br />
• hinsichtlich der bereits geschlossenen Kooperationsvereinbarungen<br />
empfiehlt sich dennoch eine nachbesserung der regelungen, die sich an den<br />
erfahrungen aus der Praxis und am Bundeskooperationskonzept orientieren<br />
sollte.<br />
• Je genauer die Kooperationsvereinbarung die aufgaben der Beteiligten, die<br />
art der Zusammenarbeit und die Zielgruppe der Betroffenen beschreibt,<br />
desto förderlicher ist dies für die Zusammenarbeit in der Praxis und die<br />
akzeptanz der Kooperationsvereinbarung.<br />
• regelmäßige interdisziplinäre Fortbildungen können die strukturen klären,<br />
Kooperationsbeziehungen verbessern. Übergeordnete stellen, z.B. runde<br />
tische sollten die umsetzung regelmäßig reflektieren.<br />
Jedoch – so stellte bereits ulrike Gatzke 2001 in der <strong>KOK</strong>-Broschüre fest – auch<br />
wenn »alle seiten die Kooperation befürworten, besteht immer ein reales Machtgefälle<br />
zu Gunsten der Polizei und anderer beteiligter instanzen, dem die Projekte<br />
(nGOs / Fachberatungsstellen, anm. der autorin) bei Konflikten letztlich nicht<br />
viel entgegensetzen können. diese unterschiedlichen ausgangssituationen stellen<br />
immer ein ernst zu nehmendes Problem und eine nachteilige diskussionsebene für<br />
die Projekte dar.« 176<br />
173 dies sind Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, schleswig-holstein und thüringen.<br />
174 Vgl. herz/ Minthe, straftatbestand Menschenhandel 2006, herz: Menschenhandel eine empirische untersuchung zur strafverfolgungspraxis,<br />
solwodi (hrsg.) Koelges/thoma/Welter-Kaschub: Probleme der strafverfolgung und des Zeuginnenschutzes in<br />
Menschenhandelsprozessen – eine analyse von Gerichtsakten, 2002<br />
175 Fachinterne Klausurtagung »Gemeinsam Menschenhandel zum Zweck der sexuellen ausbeutung bekämpfen, Kooperation<br />
intensivieren und Finanzierung sichern« vom 25. – 26. Januar 2006 in Berlin, veranstaltet vom <strong>KOK</strong> in Kooperation mit dem Bundesministerium<br />
für Familie, senioren, Frauen und Jugend (BMFsFJ), dem Bundeskriminalamt (BKa), dem Bundesministerium für<br />
Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) sowie der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GtZ), teilnehmerinnen: über 100<br />
Vertreterinnen aus Bund und ländern: Mitglieder der B-l-aG Frauenhandel, Fachberatungsstellen mit dem Fokus Frauenhandel,<br />
jeweils Zuständige aus innen-, Frauen- bzw. sozialministerien, landespolizeien. Zu dieser Fachtagung hat der <strong>KOK</strong> eine dokumentation<br />
erstellt, die allerdings nur von fachnahen stellen bezogen werden kann. Bei interesse: info@kok-buero.de<br />
176 <strong>KOK</strong> e.V. (hrsg.),Frauen handeln in deutschland, 2001<br />
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